Gehölzschnitt – Totholz – Langfassung

Totholzhecken – umweltfreundlich und preisgünstig

Zu diesem Artikel gibt es auch eine gekürzte Fassung.

Bei der Bewirtschaftung von Grünflächen fällt immer wieder Schnittgut von Gehölzen an. Dieses Schnittgut wird gemeinhin als Ballast, Müll, Entsorgungsgut gesehen.

Die Folge: Vielen sind die Entsorgungskosten zu hoch und das frische Holz wird an Ort- und Stelle verbrannt. Diese Methode ist i.d.R. wegen der starken Umweltbelastung, die Verbrennung bedeutet, verboten. Trotzdem ist sie vielerorts üblich, z.B. weit verbreitet in der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft. Dort fallen beim Auf-den-Stock-setzen (1) der Knicks (2) jedes Jahr grosse Mengen an Schnittgut an, das häufig an Ort und Stelle verbrannt wird.

Nun werden die Landwirte von ökologischer Seite dafür oftmals scharf kritisiert. Erwähnt werden muss hierbei aber, dass die Knickpflege für einen landwirtschaftlichen Betrieb eine erhebliche Arbeitsbelastung darstellt (eine Fremdvergabe des Knickens kommt für die meisten Betriebe aus Kostengründen nicht in Frage). Auch wäre die Frage nach den Alternativen zu stellen: Der Abtransport und die Weiterverbeitung des Schnittgutes, z.B. in einer Kompostieranlage, stellt auch eine Umweltbelastung dar.
Modellprojekte (3) versuchen eine Verwertung des Holzes in Brennanlagen. In der Praxis gibt es dabei aber erhebliche Probleme, die u.a. in der Verfügbar des Rohstoffes bestehen – das meiste Schnittgut fällt in der kalten Jahreszeit an. Im Sommer ist die Verfügbarkeit gering und es müssen entsprechende Lagerkapazitäten geschaffen werden.

Als Ökovariante des Umgangs mit Schnittgut wird jetzt oft die Verschredderung vor Ort ins Feld geführt.

Schreddergut als Wegebelag oder Mulchmaterial. Foto: A.Regner.

Sie ist die umweltfreundlichste der herkömmlichen Methoden. Ein leistungsfähiger Schredder fährt auf die Baustelle und zerkleinert das Schnittgut. Wiederverwendungsmöglichkeiten sind u.a. Mulchmaterial, Wegebelag, BrennstoffIn der landwirtschaftlichen Praxis besteht aber oftmals ein geringer Bedarf an Schreddergut bzw. ist es relativ teuer…
Für den einzelnen Betrieb ergeben sich Verwendungsmöglichkeiten, u.U. auch durch den Wiederverkauf, die meisten Betriebe stehen vor einem Haufen, den sie erstmal nicht gebrauchen können…

Im Privatgarten wird Schreddergut als Mulchmaterial oder für den Wegebau meist akzeptiert. Hier ist problematisch, dass der Mengenanfall oft relativ gering ist. Der Einsatz leistungsfähiger Schredder scheidet meist aus, weil sie die Baustelle nicht erreichen könenn und eine Arbeitsauslastung nicht zu erwarten ist. Es kommen die Gärtner mit Kleingeräten. Heisst für die ausführende Gartenbaufirma, dass die Äste passend der Leistungsfähigkeit des Schredders zugeschnitten werden müssen. Im Einzelfalle soll das schon in Schnippelei ausgeartet sein ;-)
Insbesondere die Verwertung von Obstbaum-Schnittgut stellt eine nicht unerhebliche Zeitbelastung dar.
Aus meiner Sicht vor allem eine gute Möglichkeit, wenn die Kulturführung im Garten auf grossen Mulchbedarf aufbaut.
Im öffentlichen Grün besteht zum Teil die Tendenz, an Ort und Stelle zu verschreddern und das dann mehr oder weniger zielgerichtet in unmittelbarer Nachbarschaft zu verteilen. Funktional ist das dann zwar eine Mulchdecke – der dahinterstehenden Gedanke ist eher die einer möglichst billigen (arbeitsextensiven) Entsorgung.

Die bei weitem umweltfreundlichste Möglichkeit besteht darin, das anfallende Schnittgut mit kurzem Transportweg möglichst unbearbeitet einzubauen:
den Bau von Totholzstrukturen (z.B. Totholzhecken oder -haufen), die auch als Benjes-Hecken (6) bezeichnet werden.

Als Nachteile werden genannt:
Begünstigung baumzersetzender Pilze, Verbreitung von Obstkrankheiten

Die Schädlingsdiskussion dürfte vor allem im Erwerbsobstbau eine ernstzunehmende Rolle spielen. Im Privatgarten, wo meist nur ein geringer Teil der Ernte überhaupt verarbeitet wird, sind Erkrankungen des Obstes (so sie nicht bedrohlich sind für das Gehölz insgesamt oder den Gesamtertrag) oftmals vernachlässigbar. Auch besteht auf vielen Grundstücken die Möglichkeit, Totholzelemente in einiger Entfernung zu den Obstgehölzen aufzubauen. Letztlich ist dies eine Einzelfallentscheidung, die ein Gärtner fällen können müsste.

Der Platzbedarf wird oft in Feld geführt: Eine gute Idee, aber mein Garten ist zu klein für sowas. im Einzefalle ist dies vielleicht auch so – in der Regel ist der Platz aber eine Frage des Wollens…

Totholzhecken sind in nahezu alle Gartenkonzeptionen einpassbar: Sie sind eine historische Bewirtschaftungsform, typisch z.B. für Bauerngärten (4). Typisch allgemein für den ländlichen Raum (nur leider nur noch selten zu finden). Und es bestehen zahllose Bauvarianten mit z.B. ergänzenden lebenden Gehölzen, Flechtbauweisen u.a.m. Das macht die Verwendung dieser Baumethode sogar in Gärten möglich, deren hauptsächliches Gestaltungsmerkmal formale Repräsentanz ist.

Die (5) wird nicht oft als Hinderungsgrund genannt. Praktisch gesehen ist aber dieser Hinderungsgrund oftmals der wichtigste: Das ist mir zu unordentlich… trauen sich vielleicht nicht viele sagen. Als Argument wird dann schon eher der nicht-vorhandene Platz (s.o.) ins Feld geführt.
In der Baupraxis ergibt sich aus dem Sicherheitsbedürfnis mancher Kunden gegenüber dem eigenen Ordnungsbewusstsein und dem der Nachbarn (!) immer wieder die Notwendigkeit, Hecken so zu bauen, dass sie als angelegte und gewollte Struktur deutlich erkennbar sind. Dazu können z.B. Hilfmittel die zusätzliche Begrünung mit Kletterpflanzen oder die Einfassung von Hecken mit gleichförmigen Holz, z.B. Eichenspaltpfählen (schleswig-holstein-typisch).

Warum Totholzhecken?

In der Bewirtschaftung des Gartens oder der Landschaft stellen sie eine Bauweise mit sehr guter Ökobilanz dar. Sie bieten zahlreichen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum. Langfristig zerfällt eine Totholzhecke und wird zu Erde – es entsteht ein kleiner Erdwall. Die Materialumsetzung ist erwünschter Bestandteil der Totholzbauweisen: Man gewinnt langfristig auf natürliche Weise Humus. Auch wird in jeder Schnittsaison neues Material zu verarbeiten sein. D.h. die Hecke wird kontinuierlich verändert und weiterbearbeitet.
Die Anlage und Bewirtschaftung solcher Heckensysteme ist bei im Grundsatz einfacher Ausführung (filigrane Flechtwerke also nicht) zeitextensiv bzw. kostengünstig.

Baubeispiele für Totholzstrukuren

Baubeispiel 1: so umweltfreundlich (und preiswert) wie möglich, Spielwert für Kinder
Lösung: das anfallende Schnittgut wird ohne weitere Bearbeitung auf einen Haufen aufgeschlichtet. Hüpfburg oder Höhle kann aus soetwas leicht entstehen, wenn die Kunden Interesse an konsequent umweltfreundlichen Ansätzen haben und eine dementsprechende Pädagogik begrüssen. Den Spielwert von Totholzhüpfburgen schätze ich höher ein als herkömmliche beliebte Spielgeräte wie Schaukel oder Rutsche)
Klettererpflanzen können dieses Projekt abrunden: Die Kombination von tot- und Lebendverbau. Erfolgreich habe ich auf solchen Kinderspielflächen schon (Beispiele) Clematis vitalba, Waldrebe und Hedera helix, Efeu, eingesetzt. Efeu, weil er immergrün ist (schwachwüchsig in der jugend). Die Waldrebe ist spätestenes vom 2. Jahr nach der Pflanzung raschwüchsig. Insbesondere im Privatbereich kann die Raschwüchsigkeit ein wichtiger Aspekt sein – die Kinder sind sonst aus dem Haus, bevor die Anlage fertig ist ;-)
Pädagogisch kann man vielschichtig an solche Projekte anknüfen. ein naheliegender punkt ist die Überwinterung von Tieren (z.B. Igel) in diesen haufen.

Baustellenbeispiel 2: Verbau als Hecke, soll aber ordentlich aussehen
Eichenspaltpfähle (hier in Schleswig-Holstein regional typisch) fassen das lagenweise (ca. alle 40 cm) verdichtete Schnittgut ein. Die Ränder werden mit Astkneifer oder Motorsäge glatt geschnitten.
Diese Hecke eignet sich zum Beispiel zur Einfriedung von Grundstücken. Möglich aber auch, mit einer solchen Struktur den Garten zu gliedern, z.B. einen Raum im Garten zu schaffen (perspektivisch durch die Kletterer auch mit Teildach)
Kletterer können auch hier wieder gute Dienste für die Akzeptanz dieser Bauweisen leisten. Ausgewählt werden meist eher schwächerwüchsige Arten wie (Beispiele für Clematisarten) Clematis viticella, Zierliche Rebe; Clematis tanutica, Goldrebe oder Clematis alpina, Alpenrebe

Baubeispiel 3: Einfriedung einer kleinen Koppel mit Schnittgut aus der Fällung von ca 70 Fichten und anderen Koniferen zur Tierhaltung (Hunde, Pferde). Randbedingung: Wiese in Richtung Feuchtwiese tendierend.
Hier haben wir in einer Breite von rund 100 cm zweireihig bewurzelungsfähige Weidenstämme (Salix viminalis, Salix alba u.a. zweireihig gesetzt. Abstand in der reihe: ca. 150 cm
Hierbei handelt es sich auch um eine Kombinationsbauweise, die schon sehr an den Lebendbau (7) bzw. das traditionelle Knicken angelehnt ist: Das Schnittgut wurde lagenweise verdichtet und zusätzlich mit Cocosband (Baumbindegut) fixiert. Die Weiden treiben nach einiger zeit wieder aus und es lassen sich bei entsprechendem Engagement auch schöne Flechtwerke erstellen. Wem das zu fein ist, dem hilft alle ca 5-6 Jahre die Motorsäge (oder bei kontinuierlicher Arbeit oder kleinen Anlagen auch durchaus Gartenschere, Bügelsäge und Beil). Der Clou ist, das das anfallende Schnittgut sofort wieder in die Hecke eingebaut wird, also der Transportweg fast vollständig entfällt.
Langfristig werden aus den immer wieder zurückgeschnittenen Weiden kräftige Kopfbäume, die wesentlich haltbarer sind als die Eichenspaltpfähle, die nach 15 – 25 Jahren auszutauschen wären.
Positiver Zweitaspekt: die Weiden entziehen der Wiese Feuchtigkeit und machen sie für die angestrebte Nutzung gebrauchbarer. Sie sind eine natürliche Drainage (8)

Bausbeispiel 4: landschaftlich eingepasste, extensive Bewirtschaftungsform, preisgünstig, Windschutzoptimierung, Bilden von Räumen zum Zurückziehen…, Gliederung, Steigerung Artenreichtum
Die Einrichtung Uhlenhof in Schinkelner Hütten (bei Kiel) hat einen Teil ihrer bisher extensiv beweideten Fläche weiter extensiviert: Die Wiese ist annähernd komplett durch ein Knicksystem umgeben. Diese wurde zum grössten Teil auf den Stock gesetzt. Das anfallende Schnittgut wurde in wilder Schlichtung in unterschiedlichem Abstand zum Knickwall verbaut. Zusätzliche Abpflanzung mit Kletterern (20 verschiedene Arten), darunter auch nicht-heimische wie den Winterjasmin, Jasminum nudiflorum. Schwerpunkt der Bepflanzungskonzeption aber lanschaftsangepasst. Schaffung von raumartigen Nischen in diesem Doppelsystem von Knickwall und Totholzhecke. Gelegentliche Entnahme geringerer Mengen Holz für Lagerfeuer.

Kombinationsbauweisen lassen sich auch hervorragend für pädagogische Zwecke einsetzen (im Privatbereich genauso wie im Kindergarten): Weidenzelte (Weidentipis).

Es ist naheliegend, dass sich aus der Kombination aus Kletterern, totem Holz und Weiden unendlich viele Kombinationsmöglichkeiten ergeben. Auch eine Tendenz in Richtung Nutzgarten (Kiwi, Weinrebe) ist bei entsprechenden Standortbedingungen machbar.

Allgemeiner Bautipp: Die v.a. im Küstenschutz und bei der Erstellung von Totholzhecken im öffentlichen Raum angewandte Methode der Sicherung der Bauwerke durch Verdrahtung finde ich problematisch. Verständlich sind sie für mich in Richtung Sicherung der Anlage und auch aus arbeitsökonomischer Sicht (bei grösseren Bauhöhen). Allerdings kann ich in diese Anlage nicht mehr besonders effektiv mit der Motorsäge arbeiten. Im Privatbereich sollte daher m.E. in aller Regel auf die Verwendung von Draht verzichtet werden.

Hinweisen möchte ich auch noch auf eine naheliegende Verwendung des Holzes: Ich selber benutze in den Totholzhecken abgelagertes Holz gelegentlich für Lagerfeuer. Bei entsprechender Bauweise kann dies ein weiterer Nutzeffekt sein.

Erläuterungen

(1) eine Handbreit über dem Boden abschneiden = knicken

(2) typisch für das schleswig-holsteine Landschaftsbild: Wildgehölz-Hecken, i.d.R auf Erdwällen, die etwa alle (7) 10 (12) Jahre am Boden abgeschnitten werden. Gelegentlich bleibt ein Überhälter (Grossbaum wie Fagus sylvatica, Rotbuche, oder Quercus robur, Stileiche) stehen (max. alle 50 m.). Die Knicks sind in Schleswig-Holstein nicht nur landschaftsprägend: sie sind auch lebendiger Ausdruck der ackerbaulichen Kulturgeschichte. Und sie ahmen den Waldrand nach und haben damit eine ausserordentlich wichtige ökologische Funktion im relativ waldarmen Schleswig-Holstein.
Der Begriff Knick kommt vom um-knicken der Starkäste: In Zeiten als die Motorsäge noch nicht erfunden war, diente der Knick nicht nur als Windschutz, Grundstücksgrenze, Holz- und Wildobstreservoir. Die 7-Jahres-Felderwirtschaft bedeutete zeitweilige Viehaltung auf den Weiden. Durch Um-knicken und Einflechten der Starkäste, die mit einem Beil o.ä. angeschlagen wurden, erhielt man einen stabilen Zaun.
Der Knick hat im nördlichsten Bundesland herausragende Bedeutung als Windschutz. Im Zuge der Flurbereinigung wurde das Knicknetz im Norden drastisch reduziert.

(3) z.B. Gemeindewerke in Bordesholm, Schleswig-Holstein

(4) Nutzgärten (Obst, Gemüse, Käuter), die eingezäunt sind z.B. mit Totholzhecken zum Schutz gegen Tiere. Dem historischen Bauerngarten waren niedrige Buchshecken als Einfassung völlig fremd (!).

(5) Unordnung im ökologischen Sinne schafft der Mensch durch sein tägliches Handeln: wir stören ökologische Kreisläufe, wir schaffen Unordnung.

(6) Die Brüder Benjes (Hessen) haben viel für die Akzeptanz und Wieder-Verbreitung der Hecken aus totem Holz getan. Eine Benennung nach ihnen finde ich aber nicht so glücklich, da die Bauweise uralt und nicht eine Erfindung des letzten Jahrhunderts ist.

(7) Lebendverbau = ingenieurbiologische Sicherungsbauweisen

(8) Diese Drainagesysteme aus lebenden Weiden oder Erlen findet man in Schleswig-Holstein noch vereinzelt im ländlichen Raum.

Literaturhinweise

Dietrich, Gregor; Galbavy, Katharina: Bunte Hecken und grüne Grenzen. Planung, Einkaufsberater, Anleitung.
erschienen 2000 bei Ulmer, Stgt.
Gebundene Ausgabe, 93 Seiten

Kurz, Peter; Machatschek, Michael; Igelhauser, Bernhard: Hecken. Anlage, Erhaltung, Nutzung – Geschichte und Ökologie.
erschienen 2001 bei Stocker, Graz
Buchleinen (Gewebe)., 420 Seiten

Jedicke, Eckhard: Schöne Hecken für Garten und Landschaft.
erschienen 1991 bei Ulmer, Stgt.
96 Seiten
In gekürzter und geringfügig modifizierter Form auch erschienen in der Zeitschrift Deutscher Gartenbau, DeGa.