Jetzt über 2,5 Milliarden für die Fehmarnbelt-Hinterlandanbindung

NABU-PM: Finanzpolitisch desaströses Projekt stoppen
Die Hinterland-Anbindung zur geplanten festen Fehmarnbeltquerung nimmt nach Auffassung des NABU bereits vor der ersten Bautätigkeit einen ähnlich desaströsen Verlauf wie die Negativ-Beispiele Stuttgart 21 oder der Flughafen Berlin-Brandenburg. Die infrastrukturelle und finanzielle Fehlplanung besonders bei Großvorhaben hat System.

In Erinnerung zu rufen sind die Verlautbarungen offizieller Stellen: Noch vor Unterzeichnung des Staatsvertrages zwischen Deutschland und Dänemark 2009 wurde angesichts des mangelnden Bedarfes eine alternative Querung des Fehmarnsundes vom Bundesverkehrsministerium kategorisch ausgeschlossen. Die offizielle Prognose ging ab 2030 täglich von nur rund 5.000 Fahrzeugen zusätzlich aus. Nunmehr argumentiert der damals wie heute zuständige Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann, diametral entgegengesetzt mit dem angeblich deutlich zunehmenden Verkehrsaufkommen, um so gleich zwei zusätzliche Fehmarnsundbrücken für Straßen- und Bahnverkehr zu rechtfertigen. Die Neubauten werden deswegen nötig, weil die über 50 Jahre alte Fehmarnsundquerung für eine weitere Verkehrszunahme zu marode ist. Genau dies wurde jedoch von der Deutschen Bahn AG zu diesem Zeitpunkt noch vehement bestritten. Eine Erklärung hierfür sind die Beteiligten bis heute schuldig geblieben. Vermutet werden können entweder planerischer Kosten-Schlendrian oder wohlkalkulierter Meinungsumschwung. Zudem soll nun anstelle des staatsvertraglich vereinbarten Ausbaus der Bestandstrasse durch die Ostseebäder die Bahnverbindung zwischen Lübeck und Puttgarden auf Fehmarn zur Lärmbündelung an die Autobahn verlegt werden.

Die Zunahme der Kosten ist schwindelerregend: Ohne dass auch nur ein einziger Spatenstich erfolgt ist, haben sich die Projektkosten der Hinterlandanbindung nun allein auf deutscher Seite bereits von ehemals 860 Millionen auf mindestens 2,5 Milliarden Euro erhöht (Schätzbasis s. u.). „Täuschen und Tarnen bei der Planung großer Infrastrukturvorhaben hat System. Auf Basis angeblich niedriger Annahmen holt man sich zunächst die parlamentarische Zustimmung. Sind dann rechtlich Fakten geschaffen, kommen die wahren Kosten auf den Tisch. Diese ökonomisch wie ökologisch verantwortungslose Politik muss endlich gestoppt werden“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.

Ingo Ludwichowski, Landesgeschäftsführer NABU Schleswig-Holstein: „Wenn die Kosten bereits vor dem Abschluss des Staatsvertrages bekannt gewesen wären, wäre das Projekt schon damals tot gewesen.“

Besonders bizarr ist aus NABU-Sicht, dass eine Brückenlösung für eine reibungslose Abwicklung vor allem des Straßenverkehrs nachweislich ungeeignet ist. Denn angesichts zunehmender Starkwinde ist die kleine Fehmarnsundbrücke schon heute häufig für Wohnwagen und Lkw, die auf ihrer Rückfahrt aus Skandinavien meist leer unterwegs sind, gesperrt.

„Es ist kaum zu glauben, dass ein finanziell ausuferndes Vorhaben mit billigen Maßnahmen noch schlechter gemacht werden soll. Das ist ein infrastruktureller und finanzieller Offenbarungseid auf Kosten von Natur und Umwelt“, so Fehmarnbeltexperte und Leiter Umweltpolitik beim NABU Hamburg, Malte Siegert.

NABU-Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren:

Erläuterung zur konservativ angelegten NABU-Schätzbasis:
Projektkosten nach neuerer Schätzung Bundesrechnungshof (2011): 1,7 Mrd. € (auf Basis altem Planungsvorhaben)

Dort noch nicht enthalten:
Neue Sundquerung (Schätzwert): 300 – 500 Mio. € auf Basis von Erfahrungswerten ähnlicher Bauwerke
40 km Neutrassierung Bahn (Erfahrungswert je nach Trassenlage, 1 Bahnkilometer neu zwischen 15 und 20 Mio €, Kostenabzug wg. ausfallender Elektrifizierung der Alttrasse): 600 Mio €

Nicht einbezogen in Schätzung, aber zu erwartende weitere Kosten:
Allgemeine Kostensteigerung
Kosten wegen besonderem, naturschutzrelevantem Vorhabengebiet im Brückenbereich (notwendige Naturschutz-Ausgleichsmaßnahmen)
Zusätzlich notwendiger Lärmschutz in HH
Ausbau S 4 Bad Oldesloe-HH-Zentrum zur Nordost-Verlagerung des Bahngüterverkehrs

Quelle und weitere Infos: NABU