Neue Rote Liste der Brutvögel Brandenburgs

Nachfolgend wird eine geringfügig veränderte und gekürzte Pressemitteilung des NABU Brandenburg dokumentiert.

Seeadler im Aufwind, Uferschnepfe vor dem Aus

Seeadler sind im Aufwind. Die Feldlerche wird seltener. Die Uferschnepfe steht vor dem Aus. Und das Auerhuhn gibt es nicht mehr. Von den 219 brandenburgischen Brutvogelarten sind knapp 40 Prozent gefährdet. Zu diesem Ergebnis kommt die durch das Landesumweltamt Brandenburg vorgelegte Rote Liste, die gestern von Agrar- und Umweltstaatsekretär Dietmar Schulze und dem Präsidenten des Landesumweltamtes Matthias Freude gemeinsam mit NABU-Geschäftsführer Wolfgang Mädlow im Museum für Naturkunde Potsdam vorgestellt wurde.

Zwar sind im Vergleich zur letzten Roten Liste von 1997 heute „nur“ noch 86 statt 111 Brutvogelarten in Brandenburg gefährdet. Allerdings finden sich mehr Arten in den Kategorien ausgestorben, vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet.

„Manche Sorgenkinder scheinen über den Berg zu sein“, freut sich Schulze. See- und Fischadler, Kranich und Schwarzmilan haben zugenommen und stehen nicht mehr auf der Roten Liste. Der Wanderfalke, seit den 1970er Jahren ausgestorben, brütet dank eines Wiederansiedlungsprogramms wieder regelmäßig in Brandenburg. „Das spricht für die Schutzmaßnahmen, die der staatliche und der ehrenamtliche Naturschutz ergriffen haben. Von Schutzgebietsausweisungen, Wiedervernässung von Feuchtgebieten und extensiver Waldnutzung haben vor allem Arten an Gewässern und Waldvogelarten profitiert“, so der Staatssekretär.

„Positive Trends gibt es auch bei Arten, für die Brandenburg eine besondere Verantwortung hat“, freut sich Landesumweltamtspräsident Matthias Freude. „Dazu gehören die Rohrdommel, die der Volksmund Moorochse nennt, und die Grauammer. Sie profitiert von Flächenstilllegungen und extensiver Landnutzung.“

Vier Arten sind in den letzten 20 Jahren in Brandenburg ausgestorben: Auerhuhn, Blauracke, Kornweihe und Rotdrossel. „Die Vögel der Feld- und Wiesenlandschaften sind besonders stark gefährdet“, konstatiert Wolfgang Mädlow vom NABU. Rebhuhn und Kiebitz waren früher allgegenwärtig, heute sind sie selten. Selbst die häufige Feldlerche ist im Abwind. Seltene Wiesenvögel wie die Uferschnepfe oder der deutschlandweit nur im Nordosten Brandenburgs beheimatete Seggenrohrsänger könnten demnächst aussterben. „Offensichtlich kommen viele Vogelarten mit den heutigen Bewirtschaftungsformen nicht zurecht“, so Mädlow.

Abwärtstrends sind auch bei Vogelarten der Siedlungen zu verzeichnen. Die Dohle, früher häufiger Brutvogel an Kirchen und in Altbausiedlungen, ist heute vom Aussterben bedroht. Sinkende Bestände stellten die Ornithologen auch bei Grünfinken und Stieglitzen fest. „Es gibt in unseren Dörfern immer weniger verwilderte Ecken, immer mehr Flächen werden versiegelt. Körnerfresser wie Finken finden nicht mehr genug Wildkräuter“, konstatiert Wolfgang Mädlow.

Mehr gefährdet sind mittlerweile auch Vogelarten, die weite Wege bis nach Afrika zurücklegen. In den Winterquartieren und auf den Zugstrecken müssen Veränderungen stattgefunden haben, die von Brandenburg aus nicht so leicht zu recherchieren sind.

Die erste Rote Liste der Brutvögel Brandenburgs erschien 1992, die zweite und zuletzt erschienene ist zwölf Jahre alt. Neu an der jetzt vorliegenden Ausgabe sind nicht nur die überarbeiteten internationalen Kriterien, sondern auch die breite Datenbasis, auf der die Gefährdungseinstufungen beruhen. Die langjährigen Vogelerfassungsprogramme, die die Staatliche Vogelschutzwarte des Landesumweltamtes mit mehr als 300 ehrenamtlichen Vogelkundlern durchführt, liefern zuverlässige Daten.

Rote Listen werden auch als Fieberthermometer des Naturschutzes bezeichnet. Mit Informationen über den Gefährdungsgrad bestimmter Arten geben sie Auskunft über den Zustand der biologischen Vielfalt.

Die mehr als 100 Seiten umfassende Broschüre im DIN-A5-Format mit vielen Farbfotos und Diagrammen enthält neben der Roten Liste die Liste der Brutvögel Brandenburgs. Die Beilage der Zeitschrift „Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg“ kann für zehn Euro beim Landesumweltamt bestellt werden