EP: Wenn ausgemusterte Schiffe zu Sondermüll werden

Nachfolgend wird eine geringfügig modifizierte Pressemitteilung des Europäischen Parlaments dokumentiert.

Ende eines Schiffslebens
Weltweit werden jährlich bis zu 600 Hochseeschiffe ausgemustert. 2010 dürfte es noch mehr sein, denn dann müssen circa 800 Einhüllen-Tanker ausgemustert werden. Jahrzehnte alte Ozeanriesen enthalten oft große Mengen an Sondermüll: neben Öl auch Asbest, Schwermetalle und krebserregende Chlorverbindungen. Doch meist landen die Schiffe auf einem Strand Südasiens, wo sie unter primitiven Bedingungen von Tagelöhnern abgewrackt werden. Dienstagabend befasst sich das Plenum mit der Problematik.

Rund ein Drittel aller Schiffe, die jährlich ausgemustert werden, sind in einem EU-Staat registriert. Doch in Europa gibt es immer weniger Abwrackwerften – die Demontage von alten Tankern, Container- und Kriegsschiffen ist schmutzig, gefährlich und hoch arbeitsintensiv. Die in Europa vorhandenen Abwrackkapazitäten reichen für wenig mehr als für die Verschrottung von Schiffen im Militär- und Staatsbesitz.

Belastung für Mensch und Umwelt

Das weltweite Zentrum für die Demontage und teilweise Wiederverwertung alter Schiffe befindet sich in Indien, Bangladesh und Pakistan, wo rund 2/3 aller Altschiffe abgetakelt werden. Zehtausende Tagelöhner zerlegen dort die bei Flut auf Sandstrände gelegten Tanker mit primitiver Ausrüstung in Handarbeit.

Die Gesundheits- und Umweltbelastung ist hoch, denn die Wracks enthalten außer dem begehrten Stahl große Mengen an Öl und eine Reihe von Substanzen, die eigentlich als Sondermüll behandelt werden müssten: Schwermetalle, giftige und krebsauslösenden Chlorverbindungen (Polychlorierte Biphenyle, PCB), Asbest und anderes mehr.

Unter den Abwrack-Arbeitern im indischen Alang leidet nach jüngsten Untersuchungen jeder sechste unter Asbestose und auch die Belastung der Meeresumwelt ist hoch.

Abfall oder schlicht „ein Schiff“

Das Baseler Abkommen über die Entsorgung gefährlicher Abfälle regelt eigentlich auch den Export von ausgemusterten, zu verschrottenden Schiffen von Industrie- in Entwicklungsländer.

Aber die Redereien machen sich allzu oft Lücken im internationalen Recht zunutze, die es ermöglichen, die Schiffe nicht als Abfall zu deklarieren, bzw. deren Bestimmung zu verschleiern.

„EU in der Verantwortung“

Am Dienstag, dem ersten Europäischen Tag der Meere, steht u.a. auch ein Bericht über das Abwracken von Schiffen in Asien auf der Tagesordnung, den der Umweltausschuss dem Plenum vorgelegt hat. Verantwortlicher Berichterstatter ist der Niederländer Johannes Blokland (Fraktion Unabhängigkeit und Demokratie).

Der Bericht stellt fest, „dass die EU teilweise für die gegenwärtigen sozialen und ökologischen Probleme im Bereich der Abwrackung von Schiffen verantwortlich ist“. Die EU sollte sich deshalb für ein internationales Abkommen mit für alle am Abwracken Beteiligten verbindlichen Regeln einsetzen.

Die Kommission fordern die Europa-Abgeordneten auf, ein „Verzeichnis der Hochseeschiffe zu erstellen und zu führen, deren Ausrangierung binnen weniger Jahre bevorsteht“ und für die ein Entsorgungsplan erstellt werden sollte.

Gleichzeitig soll nach dem Willen der Abgeordneten ein Verzeichnis erstellt werden, in dem solche Schiffsrecycling-Anlagen aufgeführt werden, die geltende Menschenrechts-, Gesundheitsschutz- und Sicherheitsnormen einhalten.

Auch sollte die EU dazu beitragen, eine „wettbewerbsfähigen Industrie für die umweltgerechte Abwrackung und Vordekontamination von Schiffen“ innerhalb der Europäischen Union aufzubauen, heißt es im Blokland-Bericht.