Gewalt und Tropenwaldzerstörung in Indonesien für Papier

Quelle: Robin Wood

Trotz jahrelanger Proteste: Großhändler Papier Union verkauft weiter Raubbau-Papier aus Indonesien

Die Papierindustrie in Indonesien schreckt vor Gewalt und Regenwaldzerstörung nicht zurück. Drei indonesische Dorfbewohner mussten ihren Widerstand gegen Akazien-Plantagen einer Tochter-Firma des APRIL-Konzerns jetzt mit dem Leben bezahlen. Dies berichtet Dede Kunaifi von der indonesischen Umweltorganisation Kabut, der auf Einladung von ROBIN WOOD zurzeit durch Deutschland reist. Außerdem warnt Kunaifi, dass APRIL auf der Halbinsel Kampar in Sumatra weitere 45.000 Hektar Tropenwald für neue Plantagen zerstören will – mit fatalen Folgen für Kleinbauern und Natur in Indonesien, wie auch für das Weltklima. Er appelliert an die KundInnen in Europa, auf indonesisches Papier zu verzichten. Kopierpapier von APRIL wird in Deutschland vom Großhändler Papier Union unter dem Markennamen „Paper One“ vertrieben.

Drei Tote, 16 Verletze und sieben Inhaftierte, das ist die traurige Bilanz des Dorfes Tangun in Sumatra. Die Menschen dort kämpfen um 1.000 Hektar Ackerfläche, die sich eine Tochterfirma von APRIL (Asian Pacific Ressources International Limited) unter den Nagel gerissen hat. Der Konzern reagierte auf den Widerstand des Dorfes am 28. Mai 2009 mit Geiselnahmen durch seine Sicherheitskräfte. Weil die DorfbewohnerInnen sich diesen Terror nicht gefallen lassen wollten, kam es noch am gleichen Tag zu einer Auseinandersetzung, bei der drei Menschen umgekommen sind und weitere verletzt wurden. Der Konzern behauptet, die Menschen seien durch Unfälle gestorben. Die nationale indonesische Menschenrechtskommission schenkt der Darstellung des Konzerns jedoch keinen Glauben. Nach Angaben von Dede Kunaifi und weiteren indonesischen Umweltschützern deuten sämtliche Indizien darauf hin, dass die Dorfbewohner ermordet wurden. „Die Kunden in Deutschland sollen wissen, mit welcher Gewalt die Papierindustrie gegen Menschen und Umwelt in unserem Land vorgeht“, sagt Dede Kunaifi und fordert: „Bitte verzichten Sie aus Papier aus Indonesien!“

APRIL plant, auch in anderen Gebieten Sumatras großflächig Regenwald zu zerstören. Die Halbinsel Kampar gehört zu den wenigen noch bewaldeten Gebieten in Sumatra. Ausgerechnet im dortigen Torfwald möchte APRIL 45.000 Hektar zerstören, um damit Platz für weitere Papier-Plantagen zu schaffen. Die Folgen für das Klima wären fatal, denn in den meterdicken Torfschichten sind riesige Mengen Kohlenstoff gespeichert, die durch Kahlschläge als klimaschädliches Gas in die Atmosphäre gelangen. Wegen dieses Effekts ist Indonesien weltweit inzwischen der drittgrößte Emittent von Kohlendioxid.

Angesichts dieser Raubbau-Praktiken hat ROBIN WOOD den nach eigenen Angaben größten deutschen Papierhändler, Papier Union, seit 2002 immer wieder aufgefordert, auf Papier von APRIL zu verzichten. Papier Union verweigert dies bislang und betont dabei stets, der Zellstoff für „Paper One“ stamme ausschließlich aus Plantagen und nicht etwa aus Regenwaldzerstörung. „Angesichts der Gewaltexzesse um Papier-Plantagen in Indonesien ist eine solche Argumentation zynisch. Wir fordern Papier Union wie auch alle anderen Papierhändler auf, auf Papier aus Indonesien zu verzichten“, sagt ROBIN WOOD-Tropenwaldreferent Peter Gerhardt.

Schilderung der gewaltsamen Übergriffe auf Bewohner des Dorfes Tangun am 28. Mai 2009

von Dede Kunaifi

Die Bewohner des Dorfes Tangun in Sumatra befinden sich im Konflikt mit der Plantagenfirma SSL (Sumatera Silva Lestari). Sie beanspruchen 1.000 Hektar der SSL-Konzessionsfläche als ihr traditionelles Land und beschuldigen SSL, ihnen dieses Land geraubt zu haben. SSL ist ein Tochterunternehmen des APRIL-Konzerns und beliefert das zum Konzern gehörende Zellstoff- und Papierwerk RAPP mit Plantagenholz.

Die Dorfbewohner betrieben auf der umstrittenen Fläche Landwirtschaft. Der Sicherheitsdienst von SSL reagierte darauf am 28. Mai 2009 mit der Geiselnahme von zwei Menschen. Noch am gleichen Tag versammelten sich 150 Dorfbewohner vor dem SSL-Firmensitz, um gegen das Kidnapping zu protestieren. Schnell wurden sie umringt von SSL-Sicherheitskräften und -Arbeitern. Es herrschte eine gespannte Atmosphäre, in der plötzlich ein Schuss fiel. Daraufhin rannte die Menge in Panik auseinander.

Drei Stunden später versammelten sich die Menschen wieder in ihrem Dorf und bemerkten, dass 16 Menschen verletzt waren und drei Mitstreiter fehlten. Zwei davon trieben am folgenden Tag tot auf einem Wasserversorgungs-Pool von SSL. Die dritte Person wurde schwer verletzt aufgefunden und erlag am folgenden Tag diesen schweren Verletzungen.

SSL spricht von einem Unfall und behauptet, die beiden Männer seien wahrscheinlich in dem Pool ertrunken. Zu der Darstellung der Firma passt aber nicht, dass die Leichen schwerste Verletzungen aufwiesen und ausgeschlagene Zähne hatten.

Auch die nationale indonesische Menschenrechtskommission widerspricht nach einem Bericht in der Zeitschrift „Tempo“ vom 15. Juni 2009 der Darstellung von SSL und stützt damit die Darstellung der Dorfbewohner, dass die Opfer von SSL-Leuten zu Tode gebracht wurden.

Am 29. Mai 2009 erschien die Polizei in Tangun und nahm nicht etwa Ermittlungen wegen der Todesfälle auf, sondern inhaftierte sieben Dorfbewohner wegen Unruhestiftung. Diese Menschen sind bislang noch immer in Haft.

Hamburg, 18. Juni 2009