Braunschweiger Initiativen und Robin Wood üben scharfe Kritik am Wegsperren von Anti-Atom-Aktivistin

Nachfolgend wird eine geringfügig gekürzte und modifizierte gemeinsame Pressemitteilung von BIBS, AG Schacht Konrad, Asse II-Koordinationskreis und Robin Wood dokumentiert.

Die Bürgerinitiative Braunschweig BIBS, ROBIN WOOD und Anti-Atominitiativen haben gestern bei einer Pressekonferenz im Braunschweiger Rathaus das tagelange Wegsperren der ROBIN WOOD-Aktivistin Cécile kurz vor dem diesjährigen CASTOR-Transport nach Gorleben scharf kritisiert. Sie forderten die Streichung der entsprechenden Absatzes im Paragrafen 18 des Niedersächsischen Gesetzes für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (SOG), das einen vorbeugenden Gewahrsam zur Verhinderung von Ordnungswidrigkeiten erlaubt. Heute ab 14 Uhr werden VertreterInnen des Landtags, von der BIBS, ROBIN WOOD, der Piratenpartei sowie dem Asse-Koordinationskreis und der AG Schacht Konrad das Polizeigebäude in der Friedrich-Voigtländerstraße in Braunschweig besuchen, um sich vor Ort einen Eindruck von den dortigen Zuständen zu verschaffen.

Die ROBIN WOOD-Aktivistin Cécile war am Donnerstag, dem 6. November 2008, für dreieinhalb Tage in Gewahrsam genommen worden, nachdem sie zusammen mit rund einem Dutzend weiterer ROBIN WOODlerInnen in Lüneburg gegen den Transport von hochradioaktivem Müll in das Zwischenlager Gorleben mit einer Kletteraktion protestiert hatte. Das Amtsgericht begründete die Ingewahrsamnahme als unerlässlich, um die Begehung von Ordnungswidrigkeiten zu verhindern.

Freitagnacht wurde die Aktivistin nach Braunschweig gefahren und dort in eine vollständig gekachelte Zelle ohne Toilette und ohne richtiges Fenster gesperrt. Jeder Gang zur Toilette musste von einer Beamtin begleitet werden. Die Gewahrsamnahmestelle verfügt über keinen geeigneten Bereich für einen Freigang. Cécile wurde bei ihrem ersten Hofgang an eine Polizistin gefesselt und zwischen Garagengebäuden herumgeführt. Diese Bedingungen sind schlechter als in jeder Justizvollzugsanstalt. Braunschweig ist neben Hannover die zentrale Langzeitgewahrsamstelle für Niedersachsen.

„Das Wegsperren einer Umweltschützerin aufgrund des bloßen Verdachts, sie könnte weiter gegen die gefährlichen Atomtransporte protestieren, ist inakzeptabel“, sagt Birgit Huvendieck von ROBIN WOOD Braunschweig, die Cécile im Gewahrsam besucht hatte. „Die Bedingungen, unter denen Cécile in ihrer Zelle ausharren musste, waren entwürdigend.“ Die Anwältin von Cécile hat beim Amtsgericht Lüneburg beantragt, die Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme festzustellen. Die grünen Landtagsabgeordneten Miriam Staudte und Helge Limburg haben den Fall zum Anlass genommen, im Landtag eine Kleine Anfrage zu den Haftbedingungen für Atomkraftgegner in Gewahrsam zu stellen. Eine weitere Anfrage dazu wird die linke Landtagsabgeordnete Ursula Weisser-Rölle stellen. Die BIBS hatte einen Dringlichkeitsantrag an den Braunschweiger Stadtrat gestellt, um auf die in der Öffentlichkeit bislang weitgehend unbekannte Sonderhaftanstalt in Braunschweig aufmerksam zu machen.

Die Initiativen befürchten, dass ein Vorgehen wie gegen Cécile sich künftig öfter wiederholen könnte und fordern eine Änderung des SOG. „Das Gesetz wird zur politischen Disziplinierung missbraucht, um die öffentliche Kritik an der Atomindustrie zu unterbinden und an einzelnen, engagierten Menschen ein Exempel zu statuieren!“, sagt Peter Rosenbaum von BIBS. „Hier findet die Kriminalisierung von Menschen statt, die auf kreative Weise von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen. Solche Einschränkungen der Bürgerrechte müssen ausgeschlossen werden.“

„Es ist unverhältnismäßig, jemanden tagelang in Gewahrsam zu nehmen, nur um eine Ordnungswidrigkeit zu verhindern – und dies zu Haftbedingungen, die noch unter den Mindestbedingungen von verurteilten Straftätern liegen“, kommentiert Udo Dettmann vom Asse II-Koordinationskreis.