Kiel-Gaarden: RotGrün will eine weitere Grünfläche verschwinden lassen

Kiel: Protestplakat gegen Stadtgrün-Verkauf durch SPD und Grüne
Kiel: Protestplakat gegen Stadtgrün-Verkauf durch SPD und Grüne
Geplante Bebauung Karlstal 22 / Verbindungsstraße
Tagesordnungspunkt 6 der heutigen Sitzung des OBR Gaarden ist interessant, weil es zu diesem Thema schon einen Beschluss des Ortsbeirates gibt: Der OBR Gaarden will KEINE Bebauung von Karlstal 22 / Ecke Verbindungsstraße.

Der entsprechende Antrag des Ortsbeirates wurde allerdings von SPD + GRÜNEN im Bauausschuss indirekt abgelehnt.

Begründung: Verkaufen – verkaufen – verkaufen: Kiel braucht Geld…
Und zweites Totschlagargument: Wohnraum schaffen…

Dabei sprechen gute Gründe für den Erhalt der kleinen Grünfläche:
– grundsätzliche ökologische Erwägungen (Versiegelung, Staubbindung, wertvolles Pioniergehölz-Gebüsch…)
– optische Abwertung der „Ecke“

– funktionale Abwertung der „Ecke“: Unabhängig von der Bewertung von Hunden in der Stadt ist dieser Grünstreifen ein wichtiger Hundekackplatz. Fällt er weg findet sich selbiger im Ufeld wieder.
– Gentrifizierung: Kieltypische Baupolitik ist es, etwas besser zu bauen als im Umfeld vorhanden. Auch wenn es sich um ein vergleichsweise kleines Bauprojekt handelt, ist damit zu rechnen, dass im Rahmen des generellen Angriffs auf Gaarden als neue / zweite Innenstadt auch hier etwas besser gebaut wird, eben: (formale) Aufwertung und damit Vertreibung ärmerer Teile der Bevölkerung (= Gentrifizierung).

Und zu den beiden Argumenten der rotgrünen Ausverkäufer:

Für den Stadthaushalt ist der Verkauf einer sehr kleinen Fläche völlig bedeutungslos.
Und:
Die Landeshauptstadt Kiel ist völlig konzeptlos in Bezug auf Wohnungsbau. Es fehlen vor allem preisgünstige Wohnungen sowohl für kleine Haushalte als auch für große Familien. Die werden aber nicht gebaut.
Grund der Misere ist vor allem die Sozialdemokratie, die den Bestand von zehntausenden Kieler Wohnungen verscherbelt hat und sich jetzt wundert, dass sie so hohe Kosten für Wohngeld zu zahlen hat, dass der Wohnungsbestand den jetzt Hedgefonds u.ä. besitzen qualitativ abgewirtschaftet wird und dass sie gar keinen Einfluss mehr auf die Miethöhen hat. Das macht das Neuentdecken der Kieler Wohnungsnot durch die neue Oberbürgermeisterin der SPD lächerlich: Erst Feuer legen und dann schreien: Es brennt – lasst uns was tun…

Die Beratungsfolge der städtischen Gremien

Interessant dabei: Der Bauausschuss (SPD, FDP, CDU, Linke, Grüne) ÄNDERT einen Antrag des Ortsbeirates.
Das halten wir aufgrund der gemeinderechtllichen Stellung des Ortsbeirates für rechtlich unzulässig (abgesehen davon dass der Inhalt des Ortsbeiratsantrages ins Gegenteil verkehrt wird). Rechtlich einwandfrei wäre ein eigenständiger Antrag z.B. der SPD-Fraktion nicht jedoch die Änderung eines Ortsbeiratsantrages. Ein eigenständiger Antrag lag aber nicht vor. Leider ist dadurch das Gesamtverfahren nicht automatisch auch beschädigt und unwirksam.
Trotzdem macht der Umgang das Verhältnis Ausschuss vs. Ortsbeirat deutlich: Letztlich bekommt der Ortsbeirat (unzulässigerweise) nicht eine Abstimmung zu seinem Antrag und kann sich zu Recht als nicht-ernstgenommen fühlen.

Antrag OBR Gaarden auf Erhalt der Grünfläche:
Drucksache – 0606/2011
Abstimmung: Bei einer Gegenstimme mit den Stimmen der übrigen anwesenden Mitglieder mit Mehrheit beschlossen.
Antrag:
Das Grundstück Karlstal/Verbindungsstraße wird aus der Vermarktung genommen und bleibt im Eigentum der Landeshauptstadt Kiel.
Das Grundstück wird weiterhin als Grünanlage genutzt. Die Verwaltung wird gebeten, Vorschläge für eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität in der Grünanlage zu machen und dem Ortsbeirat zu präsentieren.
Soweit die Stadt in Gesprächen mit Interessenten für dieses Grundstück ist, sind diese zu beenden und die Interessenten bei der Suche nach Alternativgrundstücken zu unterstützen.

Begründung:
Das Grundstück Karlstal/Verbindungsstraße wurde von der Immobilienwirtschaft als Baugrundstück ausgewiesen und im Internet angeboten.
Das Grundstück stellt eine wesentliche Sichtverbindung zum Bereich Kirchenweg/Mühlenstraße dar. Eine Bebauung würde diese Sichtverbindung verengen und die sowieso stark verdichtete Bebauung in Gaarden an dieser Stelle noch verstärken. Eine Art „Riegelwirkung“ zu den Straßen Mühlenstraße und Kirchenweg ist nicht ausgeschlossen.
Daher möchte der Ortsbeirat den jetzigen Zustand grundsätzlich erhalten. Lediglich Maßnahmen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität werden vom Ortsbeirat unterstützt.
Daher ist das Grundstück durch eine Entscheidung im Bauausschuss dauerhaft aus der Vermarktung der Immobilienwirtschaft zu nehmen.

Geschäftl. Mitteilung der Verwaltung: Verkauf des Grundstücks Karlstal/Verbindungsstraße, finanzielle Folgen
Drucksache 0637/2011

SPD/Grüne: beschlossener Änderungsantrag zu 0606/2011 Vermarktung des Grundstücks Karlstal/Verbindungsstraße
Drucksache 0784/2011
Zwischen den Antragstellern der beiden Änderungsanträge 0781/2011 und 784/2011, Ratsherr Kreutz und Ratsherr Dr. Traulsen besteht inhaltlicher Konsens, weshalb Ratsherr Kreutz seinen Antrag zurückzieht und sich dem Antrag von SPD/Bündnis 90/DIE GRÜNEN anschließt, der noch eine kleine Änderung erfährt:

Beschluss (in der durch Ratsherr Dr. Traulsen geänderten Form) :
Der Antrag des Ortsbeirates Gaarden „Vermarktung des Grundstücks Karlstal/Verbindungsstraße“ wird wie folgt geändert und erhält die folgende Fassung:
Das Grundstück Karlstal/Verbindungsstraße bleibt in der Vermarktung der Landeshauptstadt Kiel für vorrangig Wohnungszwecke und nachrangig nicht-störendes Gewerbe/Wohnungszwecke.
Bei einer Bebauung des Grundstücks ist eine „Riegelwirkung“ zu den Straßen Mühlenstraße und Kirchenweg auszuschließen.
Mögliche Interessenten aus dem sozialen und kulturellen Bereich, die in der Vergangenheit ihr Interesse bekundet haben, sind bei der Suche nach Alternativstandorten zu unterstützen.
Abstimmung:Einstimmig

zurückgezogener CDU-Änderungsantrag: Vermarktung des Grundstücks Karlstal/Verbindungsstraße
Änderungsantrag zu TOP 5.2 des Bauausschusses am 22.09.2011
Drucksache 0781/2011

Quelle: WIR in Kiel

4 Gedanken zu „Kiel-Gaarden: RotGrün will eine weitere Grünfläche verschwinden lassen“

  1. Bericht bei WIR in Kiel über die gestrige Sitzung:

    Ortsbeirat Gaarden: Entscheidung über Bebauung Karlstal vertagt

    @SPD: Formale Rechte sind keine Formalien!
    Für die Einhaltung demokratischer Regeln auch durch SPD-Mitglieder!

    – was Sie wieder mal nicht in den Kieler Nachrichten / KN lesen werden –

    Großes Kino gestern abend im Gaardener Ortsbeirat:
    Der Ortsbeiratsvorsitzende Bruno Levtzow (SPD) versucht die Bebauung am Karlstal durchzusetzen, scheitert aber vorläufig an einem Geschäftsordnungsantrag

    Gern wird Bruno Levtzow in den Medien als Original verkauft, das er auf eine bestimmte Art auch ist. Aber auch für das Original gilt: Die Einhaltung der Gemeindeverfassung (Gemeindeordnung) und der Geschäftsordnung des Ortsbeirates muss von ihm als Vorsitzender nicht nur respektiert sondern auch in der Versammlung umgesetzt werden.
    Das setzt aber einerseits Kenntnis von GO und GeschO voraus und andererseits Meinungsäußerungen anderer zu respektieren.
    Mit beidem hat Bruno Levtzow so seine Schwierigkeiten, wenn denn die Meinungen anderer seinen eigenen oder denen der SPD zuwiderlaufen.

    Angefangen damit, dass er (nicht zum ersten Mal – das ist dort sozusagen "SPD-Dauerrecht") Ratsherr Schmalz von der SPD in der Redeliste vorzieht, wenn es ihm opportun erscheint: Gestern lagen mindestens zwei Redebeitragsmeldungen von Ortsbeiratsmitgliedern (Ernst-Bretschneider; Schrem) vor als Fedor Mrozek (CDU) eine Rede zu den merkwürdigen Abläufen rund um den Ortsbeiratsantrag zur NICHT-Bebauung der Grünfläche am Karlstal vortrug.
    Die gut recherchierte Rede von Mrozek erregte offensichtlich Ratsherr Schmalz (SPD), der sich energisch meldete, um die Aufmerksamkeit von Bruno Levtzow zu erreichen (die die SPD-Ratsherren in Sitzungen des OBR Gaarden ohnehin in einem besonderen Maße geniessen). Dieser reagierte auch sofort: Unmittelbar nachdem Mrozek geredet hatte erteilte Levtzow das Wort seinem Parteigenossen. Auf einen Protest durch Zwischenruf aus dem Publikum, dass dies ein Verstoss gegen die Geschäftsordnung sei und dass Wortmeldungen von OBR-Mitgliedern vorlägen reagierte Letzow nicht, sondern setzte unter Verstoss gegen die Geschäftsordnung die Rede von Schmalz durch.
    Leider zeigte sich gegen dieses Verhalten seitens der anderen Ortsbeiratsmitglieder kein Protest. Mag sein, dass die dauernden Regelverletzungen des Ortsbeiratsvorsitzenden mit der Zeit zu gewissen Abstumpfungserscheinungen führen.

    Zweitens zelebrierte Levtzow wieder Mal die Kunst der Unterbrechung der Rede eines Bürgers und versuchte, ihm das Wort zu entziehen. Nicht wegen Beleidigungen oder ähnlichem – der Inhalt passte nicht. Ortsbeiräte haben aber nach der Gemeindeverfassung (GO) die Aufgaben Anliegen, Anregungen und Bedenken aus der Bürgerschaft anzuhören – auch wenn sie nicht mit der eigenen Meinung identisch sind.

    Drittens versuchte Levtzow einen Geschäftsordnungsantrag der CDU nicht zur Abstimmung zu bringen, sondern stattdessen einen irrgulären nicht schriftlich vorliegenden und von ihm frei formulierten Antrag abstimmen zu lassen. Nur durch Zwischenrufe aus dem Publikum und von Ortsbeiratsmitgliedern konnte er dazu gezwungen werden, die Abstimmung durchzuführen.

    Was soll man dazu sagen?
    Im günstigsten Falle ist es Unkenntnis der Grundlagen der ehrenamtlichen Arbeit, die er seit vielen Jahren betreibt.
    Im ungünstigeren Falle ist es Machtpolitik: Durchsetzung eigener Interessen oder die seiner spezialdemokratischen Freunde – entgegen geltenden Gesetzen und Regeln.

    Die Abstimmung zum Geschäftsordnungsantrag auf Vertagung (benötigt 1/3 der Stimmen) von Mrozek ergab dann ein interessantes Bild: Er bekam 5 Stimmen (2 CDU, 2 Linke, 1 Grüne). Abgelehnt wurde er von von ebenfalls 5 Stimmen (4 SPD, 1 Linke).
    Interessant deshalb, weil die OBR-Mitglieder wie das versammelte Publikum einschliesslich mehrerer Ratsherren überrascht waren von dem Inhalt des Bebauungsentwurfes: Es war ein (fast allen) unbekanntes Überraschungspaket.
    Insofern war der Antrag auf Vertagung gut begründet: Keinen Schnellschuss machen, sondern die gewonnenen Erkenntnisse erstmal reflektieren. Dafür sah neben der SPD auch der stellvertretende Vorsitzende des Ortsbeirates Markus Sobatta (Linke) wohl keinen Bedarf.

    Kleine Realsatire am Rande
    Für seine ehrenamtliche Arbeit wurde Levtzow mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

    Demnächst gibt es die Sitzung auch wieder zum Nachhören:
    http://blogbeirat.gaarden.net/
    Wir freuen uns schon.

Kommentare sind geschlossen.