Podiumsdiskussion am 23.11.2010: Hamburg macht Grün weg

HAMBURG MACHT GRÜN WEG – Genug ist genug!
Die Naturzerstörung in Hamburg durch Grünflächenverbrauch und Aus­räumung der Stadtvegetation hat in den letzten Jahren ein Ausmaß erreicht, das viele Bürger nicht mehr hinnehmen mögen. Die große Zustimmung zu Bürgerbegehren, die sich für den Erhalt der Natur in Hamburg einsetzen, lässt erkennen, dass die ganz überwiegende Mehr­heit der Bürger einen Schutz der Stadtnatur vor weiterer Zerstörung befürwortet. Auf einer Podiumsdiskussion am 23. November 2010 um 19 Uhr im Bürgertreff Altona-Nord in der Gefionstraße 3 wollen namhafte Kenner der Hambur­ger Stadtnatur mit Bürgern darüber beraten, was zu tun ist, damit Hamburg wieder zu einer naturfreundlichen Stadt werden kann.

Hamburg treibt Raubbau mit seiner Natur. Im letzten Jahrzehnt ist der Grün- und Freiflächenverbrauch drastisch angestiegen. Unter dem Slogan Wachsende Stadt wird jährlich die doppelte Fläche der Außenalster bebaut und versiegelt. Dazu werden die Bezirke jährlich mit Hilfe von Zielvereinbarungen verpflichtet, eine vorgegebene Flächenmenge „nach­fra­gegerecht verfügbar zu machen“. Belohnt werden sie dafür mit Zahlungen aus einem Anreizsystem mit über 5 Millionen Euro im Jahr. Unter dem Motto Qualitätsoffensive Freiraum werden derzeit Tausende von Bäumen in Ham­burg ersatzlos gefällt, Sträucher und Wildpflanzen werden flächenhaft entfernt und durch kurzgeschorenen Rasen und langweiliges Plangrün ersetzt. Unter dem Slogan HAMBURG MACHT GRÜN werden auch Unternehmen und Privatpersonen aufgefordert, sich an der „Wildkrautbekämpfung“ auf Hamburgs Grünflächen zu beteiligen und zur Eigenwerbung anschließend ein großes Metallschild mit ihrem Namen vor der bereinigten Fläche aufzustellen. Als Höhepunkt dieser „Qualitätsoffensive“ fand gerade eine von der igs 2013 und der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) organisierte Fachkonfe­renz GRÜN – MACHT – GELD statt. Auf ihr wurde vorrangig diskutiert, wie sich das städtische Grün gewinnbringend für die Immobilenwirtschaft und für den Konkurrenzkampf der Städte um Einwohner einsetzen und „aufwerten“ lässt. Ein Landschaftsarchitekt empfahl, das Grün von Städten doch auf zentrale Parks zu beschränken, „statt grüne Sauce über die Stadt zu verteilen“. Politiker könnten solche Vorschläge dazu nutzen, um die für die Naherholung, für das lokale Stadtklima und für die Biotopvernetzung so wichtigen, wohnungsnahen Grün­flächen der inneren Verdichtung zu opfern. Die Tagung offenbarte schlag­lichtartig den sich abzeichnenden Bruch der Stadtpolitik mit der früheren Tradi­tion Hamburgs im Umgang mit Grünflächen und gewachse­ner Natur. Aus dieser Sicht vermit­telt die derzeitige Eigenwerbung Hamburgs als „Umwelthauptstadt (GREEN CAPITAL) 2011“ den Eindruck einer geschickten GREENWASHING-Kampagne.

Übermäßige Abholzung und Beschneidung von Bäumen, gezielte Ausräumung der bodennahen Vegetation – Sträucher und Wildkräuter – und ausgedehnte Versiegelung unversehrter Bodenflächen haben vernichtende Auswirkungen auf die gesamte Lebenswelt Hamburgs. Der biologischen Vielfalt (Biodiversität) wird schwerer Schaden zugefügt. Viele Pflanzen- und Tierarten, Lebensräume und Lebensgemeinschaften verschwinden. Durch drastische Reduzierung der Vegetation und durch Schädigung der natürlichen Bodenfunktionen werden vielen Bodenorganismen und oberirdisch lebenden Kleintieren, unter anderem Insekten, die Lebensgrundlage entzogen. Den in der Nahrungskette folgenden Wirbeltieren, zum Beispiel Vögeln und Fledermäusen, fehlt es dann an Nahrung und Lebensraum. Ebenso ist die Lebensqualität der Menschen betroffen, etwa über verstärkte Beeinträchtigungen des städtischen Naturhaus­halts durch Abgase, Feinstaub, Hitze und mangelnde Grundwasserneubildung. Hinzu kommen die psychosozialen Auswirkungen einer Stadt aus Stein und Beton, in der es an Möglichkeiten der Naturbegegnung und der Naherholung im Grünen fehlt.

HAMBURG – EINE STADT ÖFFNET SICH DER NATUR, so überschrieb die Umweltbehörde noch 1988 ihren Jahresbericht. In Zeiten des Klimawandels, in denen eine Stadt ohne Grün zur tödlichen Hitzfalle werden kann, ist der Ruf nach Öffnung der Stadt für die Natur aktueller denn je. Dies ist auch der Leitgedanke der
Podiumsdiskussion
„Stadtnatur willkommen !“
am 23. November 2010 um 19 Uhr
im Bürgertreff Altona Nord, – Großer Saal –
Gefionstraße 3 in 22769 Hamburg

Kenner der Hamburger Stadtnatur wollen die Situation aus der Sicht ihrer Fachgebiete beleuchten und mit Bürgern darüber beraten, wie Hamburg wieder zu einer naturfreundlichen Stadt werden kann:
Dr. Hans-Helmut Poppendieck: PFLANZEN
Prof. Dr. Günter Miehlich: BÖDEN
Frank Röbbelen: INSEKTEN
Günther Helm: VÖGEL
Werner Smolnik: FLEDERMÄUSE und andere Kleinsäugetiere
Dipl.-Biol. Rudolf Sergel, PhD: NATURHAUSHALT und LEBENSQUALITÄT

Alle, denen die Stadtnatur in Hamburg am Herzen liegt, sind eingeladen, sich an der Vorbereitung der Podiumsdiskussion durch Bereitstellung von Informationen und mit eigenen Diskussionsbeiträgen zu beteiligen (eMails an isebek@arcor.de). Auf der Seite STADTNATUR der Isebek-Initiative sollen während der nächsten Wochen Informationen und Diskussionsbeiträge zur Stadtnatur und ihrem Schutz zum Download bereitgestellt werden.

Quelle: Isebek-Initiative