EP: Weniger Pestizide in Europa: Plenardebatte vor der Abstimmung

Nachfolgend wird eine geringfügig modifizierte Pressemitteilung des Europäischen Parlaments dokumentiert.

Montagabend diskutieren die Europaparlamentarier neue EU-Vorschriften über Pestizide, mit denen besonders gefährliche Wirkstoffe aus dem Verkehr gezogen und der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft gesenkt werden soll. Über das Gesetzespaket war kurz vor Weihnachten ein Kompromiss zwischen Europaparlamentariern und Ministerrat erzielt worden. Dienstagmittag stimmt das Plenum darüber ab.

Zwei deutsche Europa-Abgeordnete zeichnen für die Entwicklung des Pakets verantwortlich: die saarländische Grünen-Abgeordnete Hiltrud Breyer als Berichterstatterin für die Verordnung und die rheinland-pfälzische CDU-Parlamentarierin Christa Klaß als Berichterstatterin für die Richtlinie über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Hiltrud Breyer sieht in der Einigung einen „Meilenstein für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz“. Christa Klaß – selbst Winzerin – ergänzte, dass Pestizide zu den größten Sorgen der Europäer gehörten. Landwirte, so Klaß, würden sehr gut mit den neuen Vorschriften leben können.

Was sind Pestizide?

Pestizide sind Substanzen, die in den Stoffwechsel eingreifen, um Wachstum und Vermehrung von Schädlingen zu verhindern oder diese zu töten. Es gibt neben synthetischen Pestiziden auch natürlich gewonnene.

Zu den Pestiziden zählen etwa Herbizide, die das Wachstum und das Keimen von Unkraut verhindern und zum Beispiel im Getreide-Anbau verwendet werden. Fungizide sollen Pilzbefall verhindern und werden u.a. im Kartoffelanbau oder in Weinbergen eingesetzt.

Insektizide können Insekten durch Kontakt, Fraß oder Einatmen töten, indem sie in lebenswichtige Körper-Funktionen eingreifen.

Nutzen und Schaden von Pestiziden

Viele Landwirte bauen auf Pestizide um ihre Ernte und somit auch die Erträge ihres Betriebs zu verbessern. Da Pestizide den Einsatz von menschlicher Arbeit (etwa bei der Unkrautvernichtung) reduzieren und Erträge sichern, machen sie die Landwirtschaft wirtschaftlicher. Sie können somit die Existenz der Landwirte und die Versorgung mit relativ preisgünstigen Nahrungsmitteln absichern.

Auch bewahren sie Getreide und Früchte vor dem Befall mit Sporen und Bakterien und stellen daher einen Schutz vor natürlich auftretenden Giften dar und sollen somit auch die Qualität der Nährungsmittel sichern.

Da Pestizide jedoch in die Vitalfunktionen von Lebewesen eingreifen, gefährden sie nicht nur Schädlinge: Sie können Tiere und der Umwelt schaden. Pestizide in Gewässern schädigen Lebewesen und Ökosysteme und können zu Rückständen in der Nahrung führen.

Beim Menschen können sie das Erbgut, das Nerven- und Immunsystem, der Hormonhaushalt sowie die Fruchtbarkeit schädigen. Außerdem stehen verschiedene Pestizide in dem Verdacht, krebserregend zu sein.

Pestizidverordnung: Gegen schädliche Wirkstoffe

Die Verordnung sieht eine EU-Positivliste von Wirkstoffen vor, die für die Behörden der Mitgliedsstaaten Grundlage für die Zulassung neuer Produkte sein wird. Nach Einschätzung von Hiltrud Breyer wird die Verordnung außerdem zum Verbot von mehr als zwanzig besonders gefährlichen Wirkstoffen führen.

Berichterstatterin Breyer betonte, es sei „hervorragend, dass die EU internationaler Vorreiter für mehr Sicherheit“ werde.

Richtlinie: Weniger Pestizide, weniger Chemie

Die Richtlinie zum nachhaltigen Einsatz von Pestiziden bezieht sich auf deren tägliche Nutzung. Die EU will diese eindämmen und den Gebrauch unchemischer Alternativen vorantreiben. Hierbei sind die Mitgliedsstaaten aufgerufen, nationale Aktionspläne zu entwickeln, die die Risiken und negativen Auswirkungen des Einsatzes von Pestiziden für Umwelt und Gesundheit mindern. Auch werden die EU-Staaten für den Schutz ihres Trinkwassers verantwortlich sein.

In öffentlichen Anlagen wie Parks, Sportplätzen oder Spielplätzen soll die Nutzung von Pestiziden gänzlich untersagt werden. Zudem wird es – mit bestimmten Ausnahmen – verboten sein, Pflanzen aus der Luft mit Pestiziden zu besprühen.

Nachteile für EU-Landwirte?

Wie beeinflussen die neuen Regelungen die europäischen Landwirte? Kritiker befürchten, dass die Regeln ihre Situation verschlechtern könnten. Doch die Berichterstatterinnen betonen, dass die Einigung nicht nur EU-weit einheitlich sei, sondern auch, so Breyer, „Innovationsanreize für die Wirtschaft“ schaffe und somit deren Wettbewerbsfähigkeit sichere.

Zudem würden die neuen Gesetze die EU-Bauern nicht gegenüber der Konkurrenz von außerhalb schwächen, da Lebensmittel mit Pestizidrückständen nicht nach Europa importiert werden dürften. Werde diese Regelung nicht respektiert, müsse im Zweifel die Weltgesundheitsorganisation eingeschaltet werden, so Christa Klaß.

Verfolgen Sie die Entscheidung

Die Debatte zum Thema ist für Montagabend ab ca. 17:45 angesetzt. Eine Zusammenfassung der Debatte können Sie morgen der Tageszusammenfassung entnehmen („Der Montag im Plenum“). Auch eine Aufzeichnung der Debatte ist voraussichtlich ab Dienstagnachmittag verfügbar.

Das Votum findet morgen um 12.30 Uhr statt, über die Ergebnisse der Abstimmung informiert Sie der Pressedienst in der gleichnamigen Rubrik der Website.

Die angenommenen Texte finden ebenfalls auf unserer Website.