Alternativlose Bürgerbeteiligung beim „Kiel-Kanal“

Leserbrief zu den beiden Beiträgen der KN v. 4.12.2014 Kiel-Kanal bekommt Rückenwind und Offensive für den Kiel-Kanal von Dr.-Ing Florian Liedl, Landschaftsarchitekt.

Mit demokratischer Bürgerbeteiligung und moderner Planungspartizipation hat die jetzt angelaufene Beteiligung der Öffentlichkeit nicht viel zu tun – es geht hier lediglich um einige Ausführungsdetails der einzig vorgegebenen ‚Einheitsvariante’ und der mündige Bürger fühlt sich als demokratisches Alibi verschaukelt. Angemessen wäre eine offene Diskussion über grundsätzliche Varianten der Ausgestaltung und Stadtraumverbesserung.
Möglich wäre dann vielleicht auch eine räumliche schmalere und weniger tief abgesenkte Wasserverbindung mit erheblich besserem Nutzwert für Besucher und Anlieger. Auch somit würde in symbolischer Form eine historische Wasserverbindung wieder aufleben können. Jetzt aber wird polarisiert in ‚ganz oder gar nicht’ bzw. Gegner oder Befürworter der Einheitsvariante. Ohne weitere Gestaltungsalternativen sprechen sich dann natürlich auch Kaufleute der Altstadt mit Propagandaflyern und Plaketten für das Projekt aus, in Sorge darüber, dass bei Ablehnung der Bürger gar nichts an der Altstadtsituation verbessert würde.

Ohnedies ist die Begründung vom Wiedererstellen der historischen Verbindung des Wassergrabens um die Altstadt unsinnig. Ein betoniertes Wasserbecken mit Sitzstufen und schwarzen Lavasitzsteinen hat mit dem historischen Stadtgraben ebenso wenig gemein wie die angrenzende Nachkriegsarchitektur mit dem alten Stadtbild; aber es mag ja gerne als eine symbolische Reminiszenz verstanden sein.

Auch ist im bisherigen Budgetansatz der Planung nicht der notwendige Neubau der verschiedenen Brücken enthalten. Somit bildet der in der neuesten Visualisierung (siehe KN S. 21) gezeigte Kajakfahrer leider ein Trugbild: den Bürgern wird die Fiktion einer durch Boote passierbaren Wasserverbindung zwischen Kleinem Kiel und Altem Bootshafen vorgegaukelt. Welcher Wassersportler paddelt aber schon gerne in einem begrenzten Betonbecken?

Positiv für die Stadtfinanzen ist sicher, wenn über ein attraktives Gestaltungsvorhaben die notwendigen Sanierungsarbeiten im Untergrund bezuschusst werden. Doch verdichtet sich zunehmend der Eindruck, dass sich hier der gut gemeinte Anlass mit dem Kanalbau verselbständigt hat und auf dem Weg zu einem Spitzenprojekt im Schwarzbuch des Bund der Steuerzahler und der Aufstellung des Landesrechnungshofs ist. Hoffentlich lacht man nicht eines Tages bundesweit über die Stadt Kiel, die bei bester Wasservoraussetzung, toller Förderandlage und Segelrevieren ihre Besucher an eine zunehmend absurd erscheinende Kanalkonstruktion locken möchte.

Gezeichnet Dr.Ing Florian Liedl 8.12.2014