Leserbrief zum „Kiel-Kanal“

Leserbrief zu den beiden Beiträgen der KN v. 4.10.2014
Die City aufwerten mit dem Kiel-Kanal…

von Landschaftsarchitekt Dr. Ing. Florian Liedl

Renitent den Bürgern vorgegebener Gestaltungsdogmatismus „Kiel-Kanal“

Besucher in Kiel erhoffen sich zweifellos städtische Aufenthaltsqualität großzügig am Wasser, vor allem der Kieler Förde, großen Fähren, historischen Seglern, schnittigen Seglern und Jachten, dem Nordostseekanal als dem Kanal-Orginal, nicht aber einen Wasserriegel im Betonkorsett mit einer Randgestaltung von Stufen und Sitzsteinen wie für ein Seehundsbecken im Zoo.

Für eine Verwirklichung einer zumindest mit Ruderbooten zwischen Kleinem Kiel und Altem Bootshafen befahrbaren attraktiven Wasserverbindung müssten jedoch alle Straßenenquerungen als echte Brücken an Stelle von Durchlässen angelegt werden. Um das in den Visualisierungen beständig suggerierte kristallklare Wasser zu erreichen, benötigt es zudem intensivster Wasserklärtechnik und gerade nicht eines Direktanschlusses an die allsommerlichen Algenwatten des Kleinen Kiel. Dann wären es schnell bei den Baukosten anstatt der prognostizierten 11 an die 20 Mio. Dazu kommen noch hohe beständige Aufwendungen für Energie bei Wasserturbinen und Klärtechnik und an Arbeitszeit für die Stadtreinigung bei der andauernden Beseitigung von schwimmendem und abgesunkenem Verpackungsmüll. Anlass für die ganze Gestaltung bildet ja offensichtlich die erforderliche umfangreiche Sanierung im Straßenuntergrund, für die es ohne weitergehende Neugestaltung keine Finanzierung aus der Städtebauförderung gäbe.

Alternativ stünde da eine viel besser durch Stadtbesucher nutzbare und verkehrlich strukturierbare, weil platzsparende Freiraumgestaltungslösung – gerne auch mit phantasievoller Wassergestaltung. Dazu bedarf es indes nicht eines mehrere Meter unter dem Umgebungsniveau angelegten Wasserriegels, den mit seinen dunklen Dekosteinen so wenig gestalterisch mit dem viel zitierten historischen Vorgänger verbindet wie die begleitende heutige Stadtarchitektur.

Andernorts zunächst erwünschte grundsätzliche Gestaltungsalternativen wurden jedoch zu dem Kanalerlebnis hier nie weiter verfolgt und für die Öffentlichkeit vergleichbar aufbereitet visualisiert. ‚Alternativlos’ vorgegeben wird jetzt noch die Zustimmung der Einwohner erwartet. Tatsächliche Alternativen verstießen offenbar bei den Verantwortlichen gegen ein Dogma ihrer Ansicht von Stadtentwicklung. Somit herrscht hier wohl bereits seit Jahren ein selbst auferlegtes Denkverbot, dem sich der neue OB nun auch als selbst bezichtigender „Überzeugungstäter“ unterworfen hat.