BUND: 100 Maissorten sind keine biologische Vielfalt

Nachfolgend wird eine geringfügig gekürzte Pressemitteilung des BUND Schleswig-Holstein dokumentiert.

Mit Unverständnis reagiert Sybille Macht-Baumgarten, die Landesvorsitzende des BUND Schleswig-Holstein, auf die Sorglosigkeit der Landesregierung hinsichtlich der Bewertung der biologischen Vielfalt in der schleswig-holsteinischen Kulturlandschaft. Das eigentliche Problem, der Artenverlust durch die Art und Weise der Landbewirtschaftung, bleibt ungenannt. „Nicht länger darf unter den Tisch gekehrt werden, daß unsere heimische Tier- und Pflanzenwelt am und auf dem Acker durch die herkömmliche Landbewirtschaftung von allen in Frage kommenden Faktoren am stärksten beeinflußt und bedroht wird. In einem Land, in dem mehr als 70 Prozent der Landesfläche landwirtschaftlich genutzt wird, muß der Erhalt der biologischen Vielfalt ernsthaft thematisiert werden.“

Nach den Angaben des Umweltministeriums kann der Eindruck entstehen, mit einer Zunahme der in Schleswig-Holstein angebauten Maissorten von 15 im Jahr 1980 auf über 100 Sorten im Jahr 2007 gehe eine Steigerung der biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft einher. Das Gegenteil ist der Fall, so der BUND. Das Spektrum der angebauten Kulturarten, die Vielfalt auf dem Acker, ist eng begrenzt. Es dominieren wenige Getreidearten, Mais, Raps und Hackfrüchte. Die Konsequenz sind eine Fruchtfolgeverarmung bis hin zu Monokulturen und eine zunehmende Vereinheitlichung der Standortbedingungen.

Insbesondere die anhaltende Umwandlung von Grünland in Acker, wie u. a. in der Region Eiderstedt, dezimiert die Artenvielfalt erheblich. Nahezu das gleiche bewirkt die zunehmende Intensivierung von bislang extensiv genutztem Grünland. Gesetzlich durch einen Grünland-(Gummi)Paragrafen nahezu ungebremst, gehen im Zuge einer sich in Schleswig-Holstein zunehmend verändernden intensiveren Flächennutzung so wertvolle Grünlandflächen mehr und mehr verloren. Mit dem Verlust an Wiesen und Weiden verschwinden schließlich Wiesenvögel, Amphibien, Spezialisten feuchter Standorte, aber auch viele Schmetterlinge und Laufkäfer.

Da zunehmend auch landwirtschaftliche Begleitbiotope wie Hecken, Feldgehölze, Baumreihen und Kleingewässer in nutzbares Ackerland umgewandelt, Stillegungsflächen bewirtschaftet oder abgeschafft und Ackerschläge vergrößert werden, wird vielen Tieren und Pflanzen mehr und mehr der Boden unter den Füßen weggezogen. Ihre Lebensräume und Futterquellen schrumpfen. Handlungsbedarf ist nach Ansicht des BUND dringend angesagt.

Doch trotz der zunehmenden Beanspruchung der Kulturlandschaft und jenseits aller wissenschaftlichen Erkenntnisse beharrt das zuständige Ministerium auf der Ansicht, „daß die gute fachliche Praxis zum Schutz der biologischen Vielfalt beiträgt.“

Das Ordnungsrecht, nach dem die Landesregierung die „gute fachliche Praxis“ in der Landwirtschaft definiert, greift zum Erhalt der biologischen Vielfalt allerdings nicht, so der BUND. Dieses macht zum Beispiel keine konkreten Vorgaben zum Erhalt der sogenannten landschaftsprägenden Strukturelemente.

Deshalb fordert die Landesvorsitzende des BUND Schleswig-Holstein: „Zum Erhalt der biologischen Vielfalt in unserer Kulturlandschaft ist die Zeit reif, endlich eine Neudefinition der guten fachlichen Praxis in Angriff zu nehmen und die Agrarförderung in Richtung biologische Vielfalt anzupassen. Es muß eine Mindestausstattung in der Landwirtschaft mit ökologischen Vorrangflächen geben. Mindestens fünf Prozent der Betriebsfläche müssen für Landschaftsbestandteile wie Kleingewässer, Feldgehölze, Baumreihen und Hecken zur Verfügung stehen; der Nährstoffeintrag in alle Flächen muß drastisch begrenzt werden.“

Der Schutz der biologischen Vielfalt ist von der EU durch die „Biodiversitätsstrategie“ vorgegeben. Schleswig-Holstein ist gefordert, den Verlust an Biodiversität bis zum Jahr 2010 zu stoppen. „Auch die Landwirtschaft wird ihren Beitrag dazu leisten müssen“, so der BUND.