Kiel: Verkehrssicherung als Schein-Argument für Vandalismus im Prüner Schlag

Todeskino - eigentlich für Bürgerbeteiligung
Todeskino - eigentlich für Bürgerbeteiligung
Mit dem Ziel, das Gelände von Unrat zu befreien und baufällige Lauben abzutragen, wurde es dem Investor bereits Ende 2013 genehmigt tätig zu werden. Schnell wurde aber deutlich, dass mit dem Abriss (auch intakter Lauben) Tatsachen geschaffen werden. Sicherer wurde das Gelände keineswegs: Wo zuvor nur eine Gefahr von wenigen einsturzgefährdeten Lauben ausging, findet man jetzt einen frei zugänglichen Bereich mit Sperrmüll und Sonderabfällen vor. In Sorge um den Umfang der Abrissarbeiten haben wir am 7.1.2014 einen Brief an den Bürgermeister verfasst und wir haben drei Wochen später auch eine Antwort erhalten.

Betreff: Verkehrssicherungsmaßnahmen auf dem Prüner Schlag

Kiel, den 7.1.2014

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Todeskino,

wir wenden uns an Sie persönlich, um eine vernünftige Lösung für die Verkehrssicherungsmaßnahmen auf dem Gelände Prüner Schlag zu erreichen.
In einem SHZ-Artikel hat MK-Geschäftsführer vor kurzem geäußert, dass zumindest bis zum Bürgerentscheid alle intakten Gartenlauben stehen bleiben und nur die kaputten abgebrochen werden sollen.
Auch wir halten Maßnahmen zur Verkehrssicherung auf dem Gelände für geboten, einige der Lauben sind ohne Frage tatsächlich einsturzgefährdet oder unrettbar beschädigt. Die Frage ist nun nur, was intakt ist und was kaputt. Wir haben die Hoffnung, dass eine einvernehmliche Lösung über den Umfang der Abrissarbeiten zwischen allen Beteiligten möglich ist.

Wir haben diese Hoffnung, auch wenn seit dem Start der Verkehrssicherungsarbeiten auf dem Gelände am 17.12.13 von uns bereits eine Vielzahl vollkommen unnötiger Zerstörungen beobachtet worden sind, welche z.T. für die Verkehrssicherung sogar ausgesprochen kontraproduktiv wirken:

* Zu Beginn der Verkehrssicherungsarbeiten wurden bei 2 Parzellen die Außenhecken komplett niedergerissen und schweres Gefährt hat hierzu einer massiven Bodenverdichtung geführt (Foto 004). Da diese Maßnahmen gegen die Auflagen der Oberen Naturschutzbehörde verstoßen, hat sich diese auf unsere Information hin mit der Bauleitplanung in Verbindung gesetzt, wonach solche Verstöße bisher nicht mehr vorgekommen sind.
* Es wurden von den Arbeitern sämtliche Parzellentore niedergerissen. Waren bisher ca 20% der Parzellentore abgängig, weitere ca. 50% der Parzellentore geöffnet aber noch größtenteils intakt, die restlichen noch verschlossen, so sind alle bisher vom “Aufräumtrupp” besuchten Parzellen jetzt frei zugänglich ohne jegliche Hemmschwelle.
* Offen stehende Lauben werden von den Arbeitern komplett ausgeräumt, hierunter häufig noch intakte Einrichtungen
* Intakte Lauben wurden von den Arbeitern gewaltsam mit der Axt geöffnet, um auch diese komplett leerzuräumen.
* Überall wo gesammeltes Inventar bereits auf Haufen zusammengetragen wurde, wurden auch die Zäune zwischen den Parzellen entfernt, was für uns danach aussieht, daß nun die Haufen nicht etwa auf die Schaufel eines vor der Parzelle stehenden Radladers händisch aufgeladen werden sollen, sondern daß hier mit den Radladern von Haufen zu Haufen durch die Parzellen gepflügt werden soll (Foto 006)

All dies erfüllt keinen Nutzen in Hinsicht auf die Steigerung der Verkehrssicherung des Geländes. Wir haben uns am 19.12. in einem Brief an Dr. George gewandt, mit der Bitte eine gemeinsame Lösung in Bezug auf den Laubenabriss zu finden und vorgeschlagen, zusammen mit dem Kleingartenverein die Parzellen zu begehen und abrisswürdige Lauben zu definieren. Wir haben keine Antwort erhalten.

Nun appellieren wir an Sie als Bürgermeister, diesem für die Verkehrssicherung sinnlosen Treiben ein Ende zu bereiten.
Wir bitten Sie, dafür Sorge zu tragen, dass wirklich nur das Notwendige zur Herstellung der Verkehrssicherheit auf dem Gelände erfolgt und unnötige Beschädigungen und Zerstörungen konsequent vermieden werden.
Wir appellieren an Ihr moralisches und ethisches Verständnis, dass die Stadt Kiel, in der sich die erforderliche Zahl der BürgerInnen für einen Bürgerentscheid ausgesprochen hat, ein Zeichen des Respekts diesen BürgerInnen gegenüber setzt und entsprechend auf den Investor einwirkt.

Noch beschränken sich die Zerstörungen auf einen Teil des Gebietes, so dass wenig irreversiblen Schäden entstanden sind.

Wir hoffen auf Ihre Bereitschaft, in dieser Angelegenheit auf uns zuzugehen.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Barg
Björn Sander
Ulrike Hunold

Antwort des Bürgermeisters:

Betreff: Verkehrssicherungsmaßnahmen auf dem Prüner Schlag
Datum: Mon, 27 Jan 2014 16:55:39 +0100
Sehr geehrte Frau Hunold, sehr geehrter Herr Barg, sehr geehrter Herr Sander,

Ihre Mail vom 07.01.2014 beantworte ich wie folgt: Sämtliche Arbeiten auf dem Kleingartengelände werden fachlich durch die Büros IPP und BIOPLAN begleitet. Dabei ist es das Ziel, möglichst wenig Heckenstrukturen, Knicks und erhaltenswerten Baumbestand zu schädigen. Alle unvermeidbaren Verluste von Hecken, Knicks und Gehölzen werden dokumentiert und ersetzt.

Die Auflagen der Genehmigung des Landesamtes werden akribisch eingehalten, bei Unklarheiten, z. B. auch zur Definition des Begriffes „leichtes / schweres Gerät“, findet ein direkter Austausch mit dem LLUR statt.

In dem Antrag zum Rückbau der Kleingartenlauben und der entsprechenden artenschutzrechtlichen Genehmigung des LLUR ist keine Differenzierung zwischen intakten und mehr oder weniger baufälligen Lauben vorgenommen worden. Der genehmigte Antrag hat die Zielsetzung, aus Gründen der „allgemeinen Gefahrenabwehr“ alle Lauben der nicht mehr bewirtschafteten Parzellen zurückzubauen und sachgerecht zu entsorgen. Ein weiterer Grund ist die Räumung von jeglichem Müll, der nach der Nutzungsaufgabe in den Lauben und auf den Parzellen verblieben ist und von zusätzlich eingebrachtem Müll, der insbesondere über die zahlreichen Zufahrtmöglichkeiten reichlich von außen ins Gelände gelangt ist. Darunter befinden sich auch Farb-, Lack- und Pflanzenschutzmittelreste, Öle, Batterien und weitere, für Boden, Wasser, Menschen, Tiere und Pflanzen gefährliche Stoffe.
Das Abräumen der Baulichkeiten in den ehemaligen Kleingärten dient der Wiederherstellung der Sicherheit, die bei den zahlreichen durch Plünderung und Vandalismus zerstörten Gartenlauben nicht mehr gegeben ist bzw. war. Eine Differenzierung der Gartenlauben hat zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Von den noch „intakten“ oder durch Gartentore gesicherten Lauben wird nach den Erfahrungen mit dem Räumen anderer Kleingartenanlagen in kürzester Zeit auch Gefahr ausgehen, da auch dort mit Vandalismus, Plünderung und Mülleintrag gerechnet werden muss, trotz aller wie auch immer gearteten Sicherungsmaßnahmen.

Ich betone an dieser Stelle ausdrücklich, dass in diesem Frühjahr nicht alle Lauben geräumt werden, sondern Baulichkeiten und Müll zunächst nur auf solchen Flächen entfernt werden, die sich entlang des Hasseldieksdammer Weg befinden oder im westlichen Teil des Plangebietes. Hier war aufgrund der Zufahrtsmöglichkeiten ein verstärktes Abladen von Müll und Sperrgut zu verzeichnen.
Das in Ihrem Schreiben dargestellte Roden bzw. Auf-den-Stock-Setzen der Heckenabschnitte ist im Bereich der benötigten Containersammelplätze erfolgt. Das ist eine notwendige Maßnahme für das Befahren mit LKW, Radlader und Kleinbagger. Die Flächen und Begleitmaßnahmen sind einvernehmlich mit dem LLUR abgestimmt. Zu diesem Zweck findet seit dem 10.12.2013 regelmäßig dienstags um 10 Uhr eine „Baubesprechung“ im Büro-Container auf dem Kilia-Gelände statt. Dort werden alle erforderlichen Details diskutiert und Lösungen zur effektiven Umsetzung der Rückbaumaßnahmen der Gartenlauben gefunden. Die Einhaltung der entsprechenden Auflagen und die Transparenz haben dabei höchste Priorität, da allen Beteiligten die Brisanz der Arbeiten bewusst ist.

Bei den „Zerstörungen“ handelt es sich um das Räumen von zwei Standorten in der jeweiligen Größe von vier zusammenhängenden Kleingartenparzellen. Auf diesen Flächen werden Container zur Abfallsortierung abgestellt. Die Container werden von Lkw leer geliefert und voll wieder abtransportiert. Dafür sind in geringem und definiertem Umfang Heckendurchbrüche und das Fällen bzw. Abräumen von nicht geschützter Vegetation in diesen Bereichen notwendig. Erhaltenswerte und geschützte Gehölze werden fachgerecht gesichert und bleiben dauerhaft erhalten. Für den An- und Abtransport werden die vorhandenen Kleingartenwege genutzt. Die Flächenauswahl und die Festlegung der notwendigen Heckendurchbrüche ist in Abstimmung mit den begleitenden Fachbüros IPP und BIOPLAN sowie dem Stadtplanungsamt erfolgt und orientiert sich an den Auflagen der Genehmigung des LLUR. Alle Verluste von Hecken, Gehölzen und Knickabschnitten am Hasseldieksdammer Weg werden dokumentiert und im Rahmen einer Eingriff-/Ausgleichsbilanzierung kompensiert. Für die zeitweise Inanspruchnahme von kleinen Knickabschnitten gibt es eine Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde. Nach Abschluss der Arbeiten werden die Knicks wiederhergestellt.

Aus Gründen des Artenschutzes sind diese Maßnahmen und der Einsatz von z. T. Schwerem Gerät nur von Anfang Dezember bis Ende Februar möglich. Dabei werden die Heckenstrukturen, insbesondere an den Gartenwegen, weitgehend erhalten. Auch die in der Bestandskarte markierten Gehölze werden dabei grundsätzlich erhalten und geschont. Da der Abfall bei der Größe des Areals nicht mit Schubkarren abtransportiert werden kann, werden geeignete Baugeräte wie Minibagger, Raupe und Lkw in notwendigem Maße zum Einsatz kommen.

Die beauftragten Fachbüros mit ihrer ökologischen Baubegleitung, die Mitarbeiterinnen der städtischen Verwaltung und das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume überwachen die Einhaltung der Auflagen der Genehmigungen.

Mit freundlichem Gruß

Peter Todeskino

Quelle: Bürgerentscheid Kiel