Einwohnerfragestunde in schleswig-holsteinischen Kommunen nach Gemeindeordnung

Transparenz und Mitbestimmung - zwei der vielen Stärken der LH Kiel
Transparenz und Mitbestimmung - zwei der vielen Stärken der LH Kiel
Die schleswig-holsteinische Kommunalverfassung (Gemeindeordnung, GO) regelt die Möglichkeit für Einwohnerinnen und Einwohner in Sitzungen der kommunalen Selbstverwaltungsgremien (Kommunalparlamente und deren Ausschüsse) Fragen zu stellen sowie Anregungen und Vorschläge zu unterbreiten. Während es für die Sitzungen des Kommunalparlaments eine Muss-Vorschrift ist, schwächelt der Gesetzgeber in demokratischer Hinsicht bei den Ausschüssen: Hier stellt er es den Ausschüssen frei eine Fragestunde abzuhalten. Diese Regelung ist grenzwertig, weil sie die Muss-Vorschrift massiv entwertet: Während die eigentliche fachliche Diskussion i.d.R. in den Ausschüssen stattfindet, sind Entscheidungen zum Zeitpunkt der Beratung im Kommunalparlament oftmals schon gefallen und eine Diskussion findet eher pro forma statt. Viele Kommunen in Schleswig-Holstein verzichten komplett auf auf die Einwirkungsmöglichkeiten für EinwohnerInnen in den Ausschüssen – allen voran die Landeshauptstadt Kiel. Ungut für die Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern ist zum Beispiel auch die in Kiel geltende Vorschrift, Fragen schriftlich mit einer Frist von drei Tagen einreichen zu müssen – das behindert eine aktive Teilnahme massiv. Nachfolgend finden Sie die Textdokumentation des § 16c der GO sowie einen Auszug aus der Geschäftsordnung der Ratsversammlung der LH Kiel, die in § 10 die Einwohnerfragestunde regelt.

Textdokumentation

– die gültige Fassung der Vorschrift finden sie bei juris.de. In Fettschrift markiert sind die für diesen Webartikel relevanten Teile

Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein (Gemeindeordnung – GO -)

in der Fassung vom 28. Februar 2003

§ 16 c Einwohnerfragestunde, Anhörung und Einwohnerbefragung

(1) Die Gemeindevertretung muss bei öffentlichen Sitzungen Einwohnerinnen und Einwohnern die Möglichkeit einräumen, Fragen zu Beratungsgegenständen oder anderen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu stellen und Vorschläge oder Anregungen zu unterbreiten. Die Gemeindevertretung kann Betroffenen die Rechte nach Satz 1 einräumen. Die Einwohnerfragestunde ist Bestandteil der öffentlichen Sitzung der Gemeindevertretung. Die Ausschüsse können in ihren Sitzungen ebenfalls eine Einwohnerfragestunde durchführen.

(2) Die Gemeindevertretung kann beschließen, Sachkundige sowie Einwohnerinnen und Einwohner, die von dem Gegenstand der Beratung betroffen sind, anzuhören. An der Beratung und Beschlussfassung in nichtöffentlicher Sitzung dürfen sie nicht teilnehmen.

(3) In Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft kann eine konsultative Befragung der Einwohnerinnen und Einwohner durchgeführt werden. In Angelegenheiten eines Ortsteiles nach § 47 a, für welche der Ortsbeirat zuständig ist, kann eine auf das Gebiet des Ortsteils beschränkte konsultative Befragung der Einwohnerinnen und Einwohner durchgeführt werden. Soweit anwendbar, gilt für die Durchführung § 16 g Abs. 1 bis 7 entsprechend mit der Maßgabe, dass an der Einwohnerbefragung in Ortsteilen nur die im Ortsteil wohnenden Einwohnerinnen und Einwohner teilnahmeberechtigt sind und der Ortsbeirat an die Stelle der Gemeindevertretung tritt. Ortsbeirat und Gemeindevertretung sind bei ihren Entscheidungen über den Gegenstand der Befragung an deren Ergebnis nicht gebunden, haben dieses jedoch angemessen zu berücksichtigen.

(4) Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

Geschäftsordnung für die Ratsversammlung und die Ausschüsse der Landeshauptstadt Kiel

(GeschO Ratsv) vom 01. Februar 2012
3. Abschnitt: Einwohnerinnen/Einwohner § 10
Fragestunde für Einwohnerinnen und Einwohner, Anhörung (§ 16 c GO)

(1) Einwohnerinnen und Einwohnern der Landeshauptstadt Kiel, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können zu Beginn der öffentlichen Sitzung Fragen zu Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft stellen und Vorschläge oder Anregungen unterbreiten. Alle Fragen, die nicht auf der Tagesordnung stehen, sind zu begründen.
(2) Für die Vorbereitung und Durchführung der Einwohnerfragestunde und -anhörung gelten die nachstehenden Regeln:
a) Die Einwohnerin/Der Einwohner der Landeshauptstadt Kiel, die/der das 14. Lebensjahr vollendet hat, kann bis zu drei Fragen an die Oberbürgermeisterin/den Oberbürgermeister stellen. Die Fragen dürfen nicht in Unterfragen unterteilt werden.
b) Nicht zugelassen sind Fragen zu Angelegenheiten, die in einer der beiden vorausgegangenen Fragestunden behandelt wurden oder zu Angelegenheiten, die regelmäßig in nichtöffentlicher Sitzung der Ratsversammlung behandelt werden. Gehen zur gleichen Angelegenheit Fragen mehrerer Einwohnerinnen und Einwohner ein, sind nur die ersten beiden zuzulassen. Die Oberbürgermeisterin/Der Oberbürgermeister kann beide Fragen gemeinsam beantworten.
c) Die Fragen sowie ihre mögliche Begründung müssen kurz und sachlich gefasst sein und dürfen keine unsachlichen Feststellungen oder Wertungen enthalten. Sie dürfen sich nur auf einen Gegenstand von allgemeinem Interesse beziehen und nur Auskunft über bestimmt bezeichnete Tatsachen verlangen. Sie sollen eine kurze Beantwortung ermöglichen. Fragen nach Meinungen oder Fragen, auf die die Stadt selbst erkennbar nicht ohne Einschaltung Dritter, ausgenommen städtische Gesellschaften und Betriebe, antworten kann, sind unzulässig.
d) Die Stadtpräsidentin/Der Stadtpräsident hat Fragen, die diesen Regeln nicht entsprechen, zurückzuweisen.
e) Die Fragen müssen spätestens 3 Tage vor der Sitzung schriftlich bei der Stadtpräsidentin/dem Stadtpräsidenten eingegangen sein. Sie/Er entscheidet nach Festsetzung der Tagesordnung für die bevorstehende Sitzung der Ratsversammlung über die Zulassung der Fragen und gibt die von ihr/ihm zugelassenen Fragen unverzüglich an die Oberbürgermeisterin/den Oberbürgermeister weiter.
f) Die Stadtpräsidentin/Der Stadtpräsident ruft die Fragestellerinnen und Fragesteller in der Reihenfolge des Eingangs der Fragen auf.
g) Die Fragestellerin/Der Fragesteller kann eine Zusatzfrage stellen. Diese Zusatzfrage muss in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beantwortung stehen. Eine Aussprache findet nicht statt.
h) Die Fragestunde darf insgesamt nicht länger als 60 Minuten dauern.
i) Ist die Beantwortung einer Frage nicht bis zur bevorstehenden Einwohnerfragestunde oder innerhalb derselben möglich, so wird die Frage in begründeten Ausnahmefällen, wenn die Fragestellerin/der Fragesteller damit einverstanden ist, schriftlich beantwortet.
j) Die Stadtpräsidentin/Der Stadtpräsident kann eine Frage für beantwortet erklären.
(3) Die Regeln des Abs. 2 gelten sinngemäß auch für Anregungen und Vorschläge.
(4) Die Ratsversammlung kann beschließen, Sachkundige sowie Einwohnerinnen und Einwohner, die von dem Gegenstand der Beratung betroffen sind, anzuhören. In der Anhörung können diese Personen ihre Auffassung zu dem Beratungsgegenstand darlegen. Alle Ratsmitglieder können Fragen an sie richten. An der Beratung und Beschlussfassung in nichtöffentlicher Sitzung dürfen die Angehörten nicht teilnehmen.