Kletterpflanzen – Kübelpflanzung

Kletterpflanzen im Kübel

Beispiel: naturnah und pflegeleicht
Autor: Andreas Regner

Standortbedingungen in Kübeln sind gegenüber dem 'normalen' Gartenboden extrem

  • Frost wirkt auf Kübel wesentlich stärker als auf die (gewachsene) Erde. In etwa entspricht die Aussenlufttemperatur der im Kübel messbaren.
  • Staunässe hat schon mancher Pflanze den Garaus gemacht und umgekehrt sind die Pflanzen sehr schnell von Trockenheit gefährdet.
  • Diese Gefährdung durch Trockenheit beruht zum einen auf dem im Verhältnis zur Wurzelmasse am Naturstandort meist winzigen Pflanzbehältnis. Zum anderen werden Kletterpflanzen oftmals in unmittelbarer Nähe zum Haus gepflanzt. Standorte am Haus sind aber meist recht trocken (Dachüberstände; Wärmeabstrahlung der Steine u.a.).

Diese drei Faktoren wirken bei einer Kübelpflanzung auf einem Balkon oder an ähnlich exponierten Standorten verstärkt.
Sie sollten daher stets prüfen, ob es zur Kübelkultur keine Alternative zur Pflanzung in den vorhandenen Boden gibt. Diese wäre mit weniger Arbeitsaufwand und besseren Lebensbedingungen für die Pflanze(n) verbunden.

Bevor sie eine Begrünung Ihres Balkones durchführen, infomieren Sie sich bitte über die zulässigen Traglasten desselben.

Für Menschen, die ihre Pflanzung zwar gelegentlich wässern wollen, nicht aber die Zeit oder Lust haben, sich beinahe täglich um ihre Kübel zu kümmern, habe ich folgende Begrünungsidee:

  • Calystegia sepium (Syn.: Convulvulus sepium), Zaunwinde. Staude. Höhe bis etwa 3 Meter. giftig.
  • Convulvulus arvensis, Trichterwinde. Staude. Höhe bis etwa 1 Meter. giftig.
  • Humulus lupulus, Hopfen. Staude. Höhe bis etwa 6 Meter. Heilpflanze.
  • Solanum dulcamara, Bittersüsser Nachschatten. Halbstrauch. Höhe bis etwa 3 Meter. Heilpflanze, giftig (u.a. die Beeren).

Das Bild zeigt die hier nicht weiter besprochene Bryonia dioica, Zaunrübe (giftig). Sie eignet sich ebenfalls hervorragend, hat allerdings eine etwas grössere Empfindlichkeit gegenüber Staunässe.

Die Grössenangaben sind als Ungefährwerte zu verstehen. Ein Kübel ist für die genannten Pflanzen nicht der bestmögliche Standort – wenn Ihre Pflege (Wässerung, Düngung) zurückhaltent ist, wird das Grössenwachstum deutlich begrenzt. Diese vier Arten haben eine gute Frostverträglichkeit und eine hohe Toleranzschwelle gegenüber Staunässe und Trockenheit. Alle vier können in einen (möglichst grossen) Kübel, besser in zwei oder drei geplanzt werden. Einige Gärtner/innen werden bei den zuerst genannten Arten zusammengezuckt sein, handelt es sich doch um gefürchtete 'Ackerunkräuter'. Grade aber ihr sonst so gefürchtetes hoch regeneratives Wurzelsystem macht diese Pflanzen für unsere Zwecke interessant. Ähnliches gilt für den Hopfen, der für seine Wurzelausläufer sehr bekannt ist. Entscheiden Sie sich für eine Maurerbütt als Pflanzgefäss sollten Sie an einen Wasserablauf denken. Bohren Sie Löcher in die Bütt, um Staunässe zu vermeiden. Soll Staunässe eine Ihrer Standortbedingungen sein, setzen sie den 'Wasserabzug' höher.

Jetzt besteht eigentlich nur noch ein Problem: Die Bewässerung. Regenwasser kommt oftmals nicht oder nur zu geringen Mengen an Standorte, auf denen Kübel stehen (Dachüberstand u.a.). Denneoch sollten bei der überlegung für eine längerfristige Aufstellung von Kübeln Standorte gewählt werden, die soviel Regenwasser wie möglich erreichen kann. Von einem Regenfallrohr können Sie einen Abzweig bauen, um Dachwasser gezielt für Ihre Kulturen zu verwenden. Sind diese Möglichkeiten nicht gegeben bleibt nur die Bewässerung mit Leitungs- oder Brunnenwasser. In diesem Zusammenhang sei auf die weltweit dramatisch schwindenden Trinkwassermengen verwiesen. Sauberes Wasser ist ein wertvoller Rohstoff und lebensnotwendig. Insofern sollten Sie wirklich alle Möglichkeiten nutzen, um das für Ihre Kulturen benötigte Wasser zumindest zum Teil selbst zu gewinnen. Für viele Pflanzen ist eine Mischung aus Regenwasser (sauer) und Leitungswasser (i.d.r. alkalisch) auch wachstunmbegünstigend (vielen Pflanzen ist Leitungswasser zu alkalisch, Regenwasser hingegen zu sauer..). Stellen Sie z.B. Regentonnen auf dem Hof, Dach bzw Balkon auf (ggf. Traglasten berücksichtigen!). Solanum kommt fast überall zurecht. Natürlicherweise gedeiht der Bittersüsse Nachtschatten an Gewässerrändern. Er ist aber auch ausgesprochen trockenheitsverträglich.

Als Pflanzbehälter eignen sich z.B. Grosscontainer der Baumschulen (teils mit Tragegriffen)oder eine Maurerbütt. Beides sind relativ preisgünstige und gut beziehbare Artikel. Eine Maurerbütt erhalten Sie bei den meisten Baustoffhändlern oder Baumärkten. Tontöpfe sehen zwar schöner aus, benötigen aber mehr Wasser (grössere Verdunstung).

Dankbar werden die Pflanzen sein, wenn Sie ihnen helfen, Extremzeiten (z.b grosse Trockenheit im Frühjahr oder Sommer) besser zu überstehen, in dem Sie zur Giesskanne greifen. Je nach Beschaffenheit des Standortes und Ihrer Pflege werden sich die Pflanzen entwickeln. Stellen ihre Kübel einen eher feuchteren Standort dar und die Nährstoffversorgung ist ausreichend werden Hopfen und Bittersüss sicherlich an die Leistungsgrenzen Ihres Wachstums gehen (bezogen auf das Kübelvolumen).

Als Kletterhilfen eignen sich die meisten Balkongeländer. Idealtypisch wäre ein Rundprofil von etwa 8 mm Durchmesser. Ist ein solches nicht vorhanden oder sollen zusätzliche Flächen begrünt werden:
Tip für eine einfache Kletterpflanzenkonstruktion:

  • Löcher in Wand bohren, Dübel setzen. In die Dübel Haken schrauben. die verschiedenen Haken mittels Draht verbinden. Die Haken sollten einen möglichst grossen Abstand von der Wand haben, mindestens jedoch ca. 3 cm (wobei dies für den äusserst vitalen Hopfen recht knapp ist), besser 10.
  • Spanndraht 'nach Geschmack' zwischen den Haken verbinden (je dicker der draht, desto einfacher für die Kletterer, wobei insbesondere die Winden auch noch mit Drahtstärken von 1-2 mm zurechtkommen. Wichtig: Alle genannten Schlinger brauchen vor allem eine vertikale (nach oben) Ausrichtung ihrer Kletterhilfen, waagerechte Abspannungen können für die genannten Arten eine Hilfe sein, bzw. auch u.U. als Rutschsperre dienen, ermöglichen aber nicht den arttypisch schlingenden, aufrechten Wuchs. Solanum dulcamara ist von den genannten Arten diesbezüglich vielleicht am tolerantesten.

Die geschilderte Bauweise eignet sich ausschliesslich für die genannten Arten und diesen vergleichbaren. Starkwüchsige Kletterer wie z.b. die Wisterie oder Clematis vitalba, Waldrebe, brauchen entsprechend ihren späteren Gewichten bessere Konstruktionen.

Die im Winter absterbenden oberirdischen Teile der Stauden sollten nicht entfernt werden . Sie dienen zahlreichen Insekten zur Überwinterung und stellen somit wiederum eine Nahrungsquelle für zahlreiche Vogelarten dar… Ausserdem bilden sie im neuen Jahr eine zusätzliche Kletterhilfe für die neuspriessenden Triebe. Auch hat das Winterbild abgestorbener Kletterpflanzen durchaus ästhetische Reize.

Die in diesem Beitrag zusammengetragenen Informationen beruhen auf eigener Beobachtung und der Auswertung von Tabelle 16 'Kübeleignung von Kletterpflanzen…' des Buches von Köhler u.a.: Fassadenbegrünung; Ulmer Verlag.