Botanik – Samen

Samen – was ist das?

Autor: Gregor Dietrich

Wo sind die Samen einer Pflanze zu finden? Wie unterscheiden sie sich von ganzen Früchten? Über die Natur der Samen.

Was man aussät, so die landläufige Meinung, seien Samen. Nun ja, oft stimmt das auch. Von Mohn, Rettich, Kohl, Paradeiser, Kürbis, Schwarzkümmel und vielem Anderen säen wir nur die Samen. Bei Karotte, Kümmel oder Petersil sind es jedoch Teilfrüchte, bei Sonnenblume, Tagetes oder Mais ganze Früchte.

Was also sind Samen? Wenn wir eine Blüte näher betrachten, so finden wir eine Reihe unterschiedlicher Blütenblätter: Kelchblätter schützen die Knospe, Kronblätter locken Bestäuber, Staubblätter sind die männlichen Geschlechtsorgane, Fruchtblätter die weiblichen. Aus den Fruchtblättern entwickeln sich Früchte. Diese enthalten die Samen, die aus einem Embryo und Nährgewebe (analog dem Dotter bei Tieren) bestehen. Aber nicht jede Frucht gibt die Samen frei, wie das die Früchte von Bohne, Mohn oder Raps tun. Schließfrüchte halten die Samen zurück. Stachelbeeren oder Paradeiser sind gute Beispiele. Aber nicht jede Schließfrucht muß ein Fruchtfleisch haben. Trockene Schließfrüchte nennt man Nüsse. Hier sind die Fruchtblätter oft verholzt (Haselnuß, Sonnenblume), können aber auch zu einem dünnen, trockenen Häutchen reduziert sein (Mais, Weizen, Reis). Bei den Nüssen besteht das Saatgut also aus ganzen Früchten.

Damit das Ganze aber nicht zu einfach wird, hat die Natur noch ein paar Spielereien auf Lager. Es gibt Blüten, die nur ein Fruchtblatt enthalten, andere haben mehrere. Diese mehreren können verwachsen sein oder auch nicht. Bei einzelnen oder verwachsenen Fruchtblättern ist alles klar: Eine Blüte – eine Frucht: Paradeiser, Kürbis, Mohn, Stachelbeere, Haselnuß,… Nicht oder nicht ganz verwachsene Fruchtblätter ergeben sogenannte Sammelfrüchte, wie bei Him- und Brombeere, oder Schwarzkümmel. Die einzelnen Fruchtblätter bilden sogenannte Teilfrüchte. Aber das ist ein unscharfer Ausdruck, denn Teilfrüchte heißen auch die Einzelteile der Spaltfrüchte. Spaltfrüchte bestehen aus verwachsenen Fruchtblättern, zerfallen dann aber in Einzelteile. Diese können den Fruchtblättern entsprechen, wie bei Karotte, Kümmel und allen anderen Doldenblütern, oder quer zu den Fruchtblättern abbrechen, wie beim Schnurbaum (Sophora japonica).

Sammelfrüchte müssen wir aber auch noch von den Fruchtständen trennen. Maulbeeren beispielsweise sind solche. Viele Blüten stehen dicht gedrängt an einem Stiel und später auch die Früchte. Es ensteht ein ähnliches Bild wie bei der Brombeere. Also nocheinmal: Die Brombeere ist eine Frucht, die Sammelfrucht entsteht aus einer Blüte, die Maulbeere sind viele Früchte, der Fruchtstand entsteht aus vielen Blüten.

Die Maulbeerfrüchte sind zudem auch keine echten Früchte, sondern Scheinfrüchte: Die echten Früchte, die aus den Fruchtblättern entstehen, sind Nußfrüchte. Was wir essen hat mit den Fruchtblättern nichts zu tun. Es sind andere Blütenblätter, die fleischig geworden sind.

Bei den Rosengewächsen stoßen wir häufig auf Scheinfüchte: Erdbeere, Hagebutte, Apfel,… Dort ist es Achsengewebe, also der Stengel, der die Frucht einhüllt, oder ihre Unterlage bildet: Bei der Erdbeere, einer Sammelnußfrucht, sitzen die Nüßchen auf dem angeschwollenen Blütenboden, bei der Hagebutte werden die Nüßchen vom Stengel eingehüllt. Nüßchen sind übrigens nicht kleine Nüsse, sondern die Teilfrüchte der Sammelnußfrüchte. Es gibt Nüsse die kleiner sind als so manches Nüßchen. Bei den Apfelfrüchten – zu ihnen gehören auch Birnen, Quitten, … – ist die eigentliche Frucht das Kerngehäuse, das Eßbare ist Stengel.

Nicht nur bei den Rosengewächsn gibt es Steinfrüchte. Man ist geneigt zunächst eine Beere zu vermuten, in der ein besonders harter Same ruht. Falsch. Der innere Teil des Fruchtblattes verholzt wie bei einer Nuß und heißt Stein, der äußere ist fleischig wie bei einer Beere. Die Frucht ist also ein Mittelding aus Beere und Nuß. Der Same ist im Stein eingeschlossen.

Aber zurück zu den Samen. Auch Same ist nicht gleich Same. Üblicherweise ist der Embryo schon entwickelt und Nährgewebe vorhanden. Orchideensamen verzichten auf das Nährgewebe. Der Embryo kann nicht aus eigener Kraft keimen, sondern muß durch Pilze ernährt werden, die später mit der Pflanze eine Symbiose eingehen. Bei manchen Samen ist das Nährgewebe nicht getrennt vom Embryo angelegt, sondern in den schon im Samen entwickelten Keimblättern.

Manche Samen haben Anhängsel ausgebildet. Die Samen der Gattung Viola und mancher Datura-Arten sind mit Ölkörperchen (Elaiosomen) ausgestattet, von denen sich Ameisen ernähren. Erst wenn die Samen von den Ameisen verschleppt und die Ölkörperchen abgebissen worden sind, können sie keimen. Nehmen wir im Garten Samen von solchen Pflanzen ab, so müssen die Elaiosomen entfernt werden, z. B. mittels Verreiben mit Sand oder zwischen Sandpapier, damit sie gut und gleichmäßig keimen können. Bei Stiefmütterchensaatgut im Handel ist dies natürlich schon geschehen.

Bei stammesgeschichtlich ursprünglicheren Blütenpflanzen, den Nacktsamern, sitzen die Samen noch auf den Fruchtblättern und werden nicht von diesen eingehüllt. Daher haben sie auch keine Früchte. Um von Vögeln verbreitet zu werden bildet die Eibe ein etwas größeres Anhängsel als ein Elaiosom: Einen süßen, roten Samenmantel. Dieser Teil des Samens ist als einziger Pflanzenteil nicht giftig. Auch beim Ginkgo ist ein fleischiger Samenmantel vorhanden.
Elaiosomen und Samenmäntel werden Arilli (ez: Arillus) genannt. Kletteinrichtungen, Flugorgane wie die Fallschirmchen des Löwenzahns, etc. sind meist Bildungen von Frucht, anderen Blütenteilen oder Hochblättern.