Stauden – Gladiolus

Siegwurz – kleine wilde Gladiolen für jeden Lebensraum

Autor: Gregor Dietrich

Bei Gladiolen denken wir meist an die großen Gartengladiolen. Diese stammen aus Südafrika. Aber auch in Europa, Westasien und dem nördlichen Afrika gibt es einige Arten, die einander allerdings alle recht ähnlich sind. Sie sind wesentlich graziler als die etwas steifen Hybriden.

Die Siegwurz (Gladiolus) aus der Famile der Schwertliliengewächse (Iridaceae) ist nicht nur eine moderne Gartenpflanze. Schon in der Antike waren diese Pflanzen bekannt und zum Teil gefürchtet. Die Saat-Siegwurz (Gladiolus italicus, oft unter dem Synonym G. segetum zu finden) war damals als Unkraut gefürchtet. In Griechenland nannte man sie Kornfahnen. Die Knollen wurden aber zum Backen verwendet, wenn die Getreideernte schlecht war.

Der Sage nach entsprang diese Pflanze aus den Blutstropfen des Hyazinth. Linné aber gab den Namen Hyacinthus irrtümlich einer anderen Pflanze, die heute der ganzen Familie der Hyazinthengewächse (Hyacinthaceae) ihren falschen Namen gibt.

Im Mittelalter sollten die Knollen einer der beiden nördlichsten Gladiolus-Arten mit ihrer netzförmigen, an ein Kettenhemd erinnernden Knollenhülle als Amulett getragen unverwundbar und wegen der schwertförmigen Blätter unbesiegbar machen. Damals entstand der Name Siegwurz. Die Art um die es ging, die rein europäische Sumpf-Siegwurz (G. palustris) aus feuchten Wiesen und Flachmooren. Sie war damals durchaus häufig. Heute ist die Düngung nicht ertragende Pflanze vom Aussterben bedroht. Auch die an Waldrändern und auf zur Vegetationszeit feuchteren Wiesen des südlicheren Mittelmeergebietes verbreitete Gemeine Siegwurz (G. communis) galt mit ihren langen Blättern als unbesiegbar machend.

Zwei andere Arten waren noch sehr verbreitet: die Wiesen-Siegwurz (G. imbricatus) in wechselfeuchten Wiesen vom östlichen Mitteleuropa bis nach Westsibirien, nach Kleinasien und zum Kaukasus und die Illyrien-Siegwurz (G. illyricus) von zur Vegetationszeit feuchten, sonnigen Standorten im nördlichen Südeuropa bis in die Südalpentäler, im Westen sogar bis England.
Wenige weitere Arten besiedeln kleine Gebiete im Mittelmeerraum und in Westasien.

Die erste Kulturgladiole

Die Illyirische und die Gemeine Gladiole unterscheiden sich nur durch eine Verdoppelung des Chromosomensatzes. Das heißt, sie sind sehr nahe verwandt – eine Art hat zwei, die andere vier Cromosomensätze, genetisch besteht eigentlich kein Unterschied. Daher ist es nicht verwunderlich, dass bei ihrem in der Natur überlappenden Verbreitungsgebiet immer wieder Hybriden entstehen. Durch den sogenannten Heterosis-Effekt gelingt es der Pflanze mehr und größere Blüten anzulegen. Während die Naturformen als Unkräuter galten, waren diese Hybriden für gärtnerische Zwecke interessant. Sie wurde von den Osmanen in Kultur genommen und später als Byzanz-Siegwurz (G. x byzantinus) bekannt. Leider hat es sich eingebürgert sie als Unterart zu G. communis zu führen, was angesichts dessen, dass diese Art einen höheren Chromosomensatz hat, natürlich Unsinn ist.

Arten

Im Gegensatz zu den vielgestaltigen Afrikanern sind die Arten der nördlichen gemäßigten Zonen einander alle recht ähnlich. Ihre Blüten sind purpurn mit je einem weißen Strich auf den drei unteren Blumenblättern.

Byzanz-Siegwurz

Diese schon erwähnte Hybride ist die kräftigste unserer Siegwurzen. An zusagenden Standorten erreicht G. x byzantinus Höhen bis zu einem Meter. Der ca. 10 Blüten tragendeBlütenstand kann manchmal verzweigt sein. Die im Mai/Juni erscheinenden Blüten haben fast 6 cm Durchmesser. Im ganzen Mittelmeergebiet wird diese Hybride kultiviert, um aufgelassene Siedlungen findet man sie oft verwildert. Im herbstlichen Blumenzwiebelhandel ist sie regelmäßig vertreten. Außerhalb von Weinbaugebieten ist jedoch Winterschutz vonnöten. Die Knollen müssen auch rechtzeitig gepflanzt werden, denn uneingewurzelt erträgt keine Gladiolenart Frost. Der Standort sollte sonnig sein, zur Wachstumszeit ist ausreichende Feuchtigkeit wichtig.

Gemeine Siegwurz

Gladiolus communis, also Gemeiner Schwertel, heißt diese vom Mittelmeergebiet bis in den Iran vorkommende Art. Mit bis zu fast einem Meter Höhe und bis zu 20 hellen, für die nördlichen Arten großen Blüten (4 cm Durchmesser) auf oft verzweigten Ähren ist diese Art natürlich für den Garten interessant. Trotzdem ist sie kaum erhältlich: Da sie mediterran verbreitet ist, ist sie bei uns nirgends voll winterhart und muss geschützt werden. Die Blüten öffnen sich Anfang Juni. Der Standort kann sonnig bis halbschattig und sollte im Sommer eher trocken sein.

Illyrien-Siegwurz

Nur etwa 50 cm hoch wird G. illyricus. Die ca. 5-10 Blüten der manchmal verzweigten Ähre sind wie bei den anderen Formen der G. communis-Gruppe recht groß (fast 4 cm Durchmesser). Als sogenannte submediterrane Art bevölkert sie das nördliche Mittelmeergebiet von der iberischen Halbinsel an ostwärts und erreicht auch noch den Kaukasus. Entlang der Atlantikküste wandert sie nach Norden bis England. In den Alpen erreicht sie in Kärnten auf einer Wiese bei Oberschütt am Dobratsch ihr nördlichstes Vorkommen. Diese Wiese ist seit Jahren Naturschutzgebiet und lohnt zur Blütezeit Ende Mai einen Besuch. Auch Sibirien- und Gras-Schwertlilie und andere Schönheiten blühen zur selben Zeit. Trotz des Schutzstatus ihres letzten österreichischen Vorkommens muss die Art als stark gefährdet eingestuft werden. Feuchte Wiesen sind ihr liebster Standort, aber auch Dolinen, also steinige Standorte, werden von der vollkommen winterharten Art besiedelt. Wichtig sind ausreichend Feuchtigkeit und Sonne zur Blütezeit. Für den Garten erhält man sie nur in wenigen Spezialbetrieben

Saat-Siegwurz

Die häufigste Art Europas ist G. italicus. Auch wenn Getreideäcker nicht mehr zu ihren bevorzugten Lebensräumen gehören, so blühen sie noch immer in Massen um Ostern in Olivenhainen und an Wegrändern. Gelegentlich ist die Art bei uns in Spezialbetrieben erhältlich. Leichter kommt sie jedoch als Urlaubsmitbringsel aus dem Süden zu uns. Vollsonnige, sommertrockene Standorte in Südlage sind angebracht. Etwas Winterschutz ist außerhalb von Weinbaugebieten wichtig. Die Pflanzen vermehren sich durch Brutknollen recht stark. Ihre 4 – 5 cm großen Blüten erscheinen bei uns im Mai/Juni an nur 30 – 60 cm hohen Stängeln. Im pannonischen Klima Ostösterreichs (Weinviertel bis Nord-Burgenland) ist diese Art gut verwendbar. Außerhalb des pannonischen Raumes allerdings ist die Acker-Siegwurz eher blühfaul und keine allzu dankbare Gartenpflanze. Von anderen Arten ist sie dadurch unterschieden, dass ihre Samen kugelig bis birnförmig und ungeflügelt sind. Der Rest der hier genannten Vertreter hat abgeflachte, geflügelte Samen.

Schwarzviolette Siegwurz

Ganz aus dem Rahmen der nördlichen Arten fällt G. atroviolaceus. Die 5 – 10 je 4,5 cm großen, dunkel schwarzvioletten, 4,5 cm großen, auch in der Form abweichenden Blüten erscheinen in Mai/Juni. Für diese kleine, maximal 50 cm erreichende Art aus Türkei/Iran/Irak sind ein sehr guter Winterschutz und ein trockener Sommerstandort erforderlich, besser ist die Kultur unter Glas. Nur über Spezialbetriebe erhältlich!

Sumpf-Siegwurz

Unter den Teichpflanzen in gut sortierten Gartencentern ist G. palustris hin und wieder zu finden. Allerdings will sie nur auf nassem bis feuchtem Boden und nicht im Wasser stehen, da sie sonst verfault! Die tiefsitzenden Knollen müssen oberhalb der Wasserlinie liegen. Der Boden sollte humos und keinesfalls lehmig oder gar tonig sein. Wie die Saat-Siegwurz wird die vom Aussterben bedrohte Art nur 30-60 cm hoch. Sie hat nur ca. 5 im Juni erscheinende, recht kleine Blüten. Als Rarität im sonnigen bis halbschattigen Moorbeet sollte sie aber trotzdem beachtet werden. Winterschutz ist nicht erforderlich. Bis in 1400 m Seehöhe kann diese Siegwurz an günstigen Plätzen gedeihen.

Wiesen-Siegwurz

Bis 80 cm hoch wird die Wiesen-Siegwurz (G. imbricatus). Diese bei uns vom Aussterben bedrohte Osteuropäerin hat oder hatte ihre westlichsten Außenposten in Oberitalien und im Tessin. Wie die Sumpf-Siegwurz erträgt sie keine Düngung. Trotz ihrer schönen, sehr dunklen, im Juni/Juli erscheinenden ca. 10 Blüten pro Stängel und der ausgezeichneten Winterhärte bis in Berglagen wird sie kaum kultiviert. Das mag an den mit 2 cm Durchmesser kleinsten Blüten der Gattung liegen. Humose, keinesfalls schwere Böden die nie austrocknen (ja zeitweise durchaus nass sein können) machen den Erfolg der Kultur aus. Halbschatten wird vertragen.

Andere nördliche Arten sind kaum erhältlich und zumeist nicht winterhart. Da sie im Winter ihr Wachstum beginnen müssen sie im Wintergarten, Kalt- oder Alpinenhaus gepflegt werden.
Das mit etwas Mühe zusammentragbare mehr oder weniger winterharte Sortiment aber verlängert nicht nur die Blütezeit der Gladiolen nach vorne – es findet sich auch für fast jeden Standort eine geeignete Art.

Pflanzung mediterran-asiatischer und mitteleuropäischer Gladiolen

Im Herbst werden häufig Knollen der Byzanz-Gladiolen, selten anderer mediterran-asiatischer Arten angeboten. Die länglichen Dauerorgane werden aufrecht, das breitere Ende nach unten, gepflanzt, und zwar so, dass der Knollenboden ca. die dreifachen Knollenhöhe unter der Erde zu liegen kommt. Sie müssen vor dem Frost ordentlich anwurzeln können, sind also am besten im August bis Ende September zu setzen. Trotzdem sollte die Pflanzstelle im ersten Winter mit Laub oder Bauvlies abgedeckt werden.

Beide mitteleuropäischen Arten wachsen an immerfeuchten Standorten, daher werden auch kaum Knollen gehandelt, die nach dem Aufnehmen aus dem Boden so rasch wie möglich wieder gepflanzt werden müssen – einmal stark angetrocknet treiben sie kaum mehr aus.

Diese beiden, selten auch andere Arten werden daher in Töpfen angeboten. Dies lassen sich vor dem Laubaustrieb oder nach der Vegetationsperiode problemlos verpflanzen, werden aber vorwiegend blühend angeboten. Entweder wartet man ab, bis das Laub beginnt gelb zu werden (Juli/August), oder man muss sehr vorsichtig sein, um die zarten, unverzweigten Wurzeln nicht zu verletzen. Denn sonst sterben sie ab, und die nächsten werden erst wieder in Herbst gebildet.
Aus Samen blühen Siegwurzen mitunter schon im Jahr nach der Aussaat.
Die Ansprüche der einzelnen Arten entnehmen Sie bitte den Artbeschreibungen.